Doktorarbeit: Die Hypothek des Krieges

Die Hypothek des Krieges

Eine soziologische Studie zu den sozialen Effekten von Kriegen und zur Reintegration von Veteranen, Kriegsinvaliden und Hinterbliebenen in Bosnien-Herzegowina

SOCIALIA – Studienreihe soziologische Forschungsergebnisse, Band 81

Hamburg , 706 Seiten

ISBN 978-3-8300-2824-6 (Print)

ISBN 978-3-339-02824-2 (eBook)

Rezension

[…] Umfang und Detailtiefe führen zu einer Vielzahl von Ergebnissen, wobei der Autor gleichzeitig auch die Grenzen des zweifellos verdienstvollen Versuchs der detaillierten Auseinandersetzung offen anspricht: Die Annahme von massenhaften individuellen Traumata und die Herausforderung, die diese für das soziale Umfeld darstellen, schließt notwendigerweise eine Dunkelziffer ein. Dennoch kommt er abschließend zu einem interessanten Ergebnis: Die Tatsache, dass nach Ende des Krieges fast jegliche Form von Racheakten unterblieben ist, wertet er als Ausdruck eines besonders zivilisierten Zuges der Bevölkerung, der die Integrationsmaßnahmen zumindest erleichtert habe. Gleichzeitig wirft diese Feststellung implizit eine weiterführende Frage auf: Welchen Einfluss hat die gesellschaftliche Kultur auf die Möglichkeit von Maßnahmen zur Reintegration?


Zum Inhalt

Kriege erzeugen Verluste, sie haben langfristige soziale, psychische und ökonomische Auswirkungen – sei es weil man seine Angehörigen, sei es weil man sein Gliedmaßen, sei es weil man seine Würde verlor. Jeder Mensch, den der Krieg versehrt hat, sehnt sich das Ende des Krieges herbei – und doch sind es gerade die Opfer, die in einer Nachkriegsgesellschaft wohl am vehementesten dafür streiten, daß der Krieg nicht in Vergessenheit gerate.

Der eine Teil analysiert die sozialen Folgen von Kriegen mittels verschiedener sozialer Problemindikatoren. Der andere Teil besteht aus einer Fallstudie zur sozialen Situation und Reintegration von Witwen, Waisen, Veteranen und Kriegsinvaliden in Bosnien-Herzegowina.

Soziale Problemindikatoren nach Kriegen und Katastrophen

Finden die, die den Krieg gekämpft haben, wieder einen Platz im Zivilleben oder werden sie zu entfremdeten Außenseitern? Was unternimmt der Staat, um ihnen den ‘Weg zurück‘ (Remarque) in die Gesellschaft zu zeigen? Flüchten sie sich in Selbstmord, versuchen sie ihre Erinnerung mit Alkohol oder Drogen zu betäuben, richten sie ihre im Krieg ‘erlernte‘ Gewalt nun gegen die eigene Familie, werden sie kriminell? Welche psychischen und gesundheitlichen Probleme legen sie an den Tag? Welchen Niederschlag hat der Krieg auf private Beziehungen, auf das Heirats- und Scheidungsverhalten? Sowohl historische wie auch aktuelle Fälle finden hier Beachtung – der Erste und Zweite Weltkrieg ebenso wie der Vietnam-, Irak-, Kroatien- und Bosnien-Krieg. Und: auch für die Gesellschaft in Deutschland sind diese Probleme nicht mehr nur historische – mit welchen Problemen sind Bundeswehr- und UN-Soldaten nach ihrem Einsatz konfrontiert?

Die soziale Reintegration von Veteranen, Kriegsinvaliden und Hinterbliebenen in Bosnien-Herzegowin

Über ein Jahrzehnt ist inzwischen vergangen, daß der Krieg durch das Abkommen von Dayton Ende 1995 beendet wurde. Doch: auch im zweiten Nachkriegsjahrzehnt sind die Folgen des Krieges in Bosnien noch immer allgegenwärtig. Allerdings entziehen sich die Folgen des Krieges oftmals der Sichtbarkeit: die Schlaflosigkeit der Veteranen, das Schweigen der Invaliden, wenn sie nicht über ihre Leiden sprechen, die Trauer der Hinterbliebenen.

Folgenden Fragen geht diese Studie u.a. nach:

Werden Kriegstraumata adäquat behandelt, gibt es eine Gesundheitsversorgung für die Betroffenen? Werden arbeitslosen Veteranen Umschulungen angeboten? Welche soziale Sicherheit wird hinterbliebenen Frauen und Kindern geboten? Welche Anstrengungen unternehmen Staat und Wirtschaft um die, die am Ende der sozialen Skala leben, zu integrieren? Was hält die sozial noch immer geteilte bosnische Gesellschaft ‘im Innersten‘ zusammen? Welchen Einfluß hatte der Krieg auf die sozialen Beziehungen der Veteranen, der Hinterbliebenen, der behinderten Soldaten? Welche Rolle spielt die soziale Unterstützung der Familie bei der Bewältigung des Kriegstraumas? Wieviel, worüber und mit wem kommunizieren sie, wenn sie über den Krieg sprechen? Wie leben die, die nach Srebrenica, dem Inbegriff der humanitären Katastrophe inmitten Europas, zurückgekehrt sind? Welchen Alltag haben die überlebenden Frauen und Männer in den Flüchtlingscamps, die es auch heute noch, zumeist am Stadtrand, gibt? Sinnen die Opfer nach Rache oder sind sie vielmehr Motor für gesellschaftliche Aussöhnung?

Um den vielfältigen Spuren des Krieges in Bosnien-Herzegowina nachzugehen, stützt sich diese Untersuchung auf zahlreiche Forschungsaufenthalte, eigene Erhebungen und Interviews. Ein Schwerpunkt der Feldforschung liegt im Kanton Tuzla sowie der Podrinje-Region im Osten Bosniens.

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