Dissertation: Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und ihr Verhältnis zur inneren Verfasstheit von Paaren

Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und ihr Verhältnis zur inneren Verfasstheit von Paaren

Autonomie bei der Arbeitsteilung

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Verfassungsrecht in Forschung und Praxis, Band 154

Hamburg , 518 Seiten

ISBN 978-3-339-13024-2 (Print)

ISBN 978-3-339-13025-9 (eBook)

Zum Inhalt deutschenglish

Für eine autonome und gleichberechtigte Gestaltung der Arbeitsteilung zwischen Eheleuten spielen die Vorgaben der Verfassung eine zentrale Rolle. Die Arbeit analysiert das Verhältnis der Gleichberechtigung von Frauen und Männern (Art. 3 Abs. 2 GG) zur Ehefreiheit (Art. 6 Abs. 1 GG). Dazu wird untersucht, wie das gesellschaftliche Phänomen geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung durch die normative Wirkung mittelbarer Leitbilder des einfachen Rechts, soziologische und politologische Faktoren sowie Erwartungshaltungen beeinflusst wird. Erkenntnisse zur Willensbildung und Autonomie in strukturellen Konfliktlagen werden mit einem verfassungsrechtlichen Abgleich bestehender Argumentationsfiguren im rechtswissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs über Arbeitsteilung verknüpft. Präzisiert werden die Analyseergebnisse über verfassungsrechtliche Vorgaben, die insbesondere auf Typisierungen bei der Gesetzgebung im Kontext der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung Anwendung finden.

Dabei zeigt sich, dass das zugrunde gelegte Verhandlungsparadigma der Arbeitsteilung nicht der Realität entspricht: statt einer klassischen Verhandlungssituation besteht bei Paaren typisiert betrachtet eine ungeschriebene Paarverfassung, geprägt durch Rollenbilder, Erwartungen an Geschlecht und Retraditionalisierungsanreize. Zu dieser Prägung des Geschlechterverhältnisses auf individueller und gesamtgesellschaftlicher Ebene tragen staatliche Einflussfaktoren in Gestalt von Regelungen des Einkommensteuerrechts, des Sozialversicherungsrechts, des Unterhaltsrechts und des Arbeitsrechts bei, die auf Frauen und Männer unterschiedlich wirken. Diese Prägungen wirken bei strukturellen Konflikten der Arbeitsteilung, zwischen vermeintlich getrennten Sphären von öffentlich und privat. Die Autonomie von Eheleuten bei ihrer Arbeitsteilung reicht für Frauen und Männer unterschiedlich weit.

Eine kritische Untersuchung der These „tatsächlich vorhandener Neutralität“ für die eheliche Gestaltungsfreiheit deckt auf, dass eine vorgebliche Neutralität strukturell fortbestehende Ungleichheit verdeckt. Die Widersprüche der Annahme „gezwungenermaßen-freiwilliger“ Entscheidungen im Verhältnis zur ehelichen Autonomie werden offengelegt. Verstärkt werden die vorhandenen Asymmetrien im Geschlechterverhältnis durch die Beeinträchtigung durch den Staat bei scheinbaren Alternativen und gleichzeitig intensiver normativer und ökonomischer Steuerung durch das Recht.

Dabei enthält das Grundrecht auf Ehefreiheit gerade kein Leitbild für eine bestimmte Art der Eheführung und steht vielmehr einer Privilegierung traditioneller Rollenverteilung entgegen. Der Staat ist bei der näheren Ausgestaltung dieses Freiheitsgrundrechts beiden Eheleuten – als Paar und als Individuen – verpflichtet, dem interaktionistischen Charakter der Ehefreiheit im mehrpoligen Verhältnis zwischen Eheleuten und Staat zu entsprechen. Er ist zudem verpflichtet, die Gleichberechtigung im Geschlechterverhältnis auch im Lebensbereich der Ehe durch das Recht zu gewährleisten. Daraus folgen Vorgaben an den Staat in seiner Position als ein zentraler Akteur bei der Ermöglichung von Autonomie bei der Arbeitsteilung im Geschlechterverhältnis. Als Vorgabe wird für das Grundrecht auf Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein Konzept materieller Gleichheit entwickelt, dessen strukturelle Perspektive als Analyseinstrument und als Grundprinzip fungiert. Daraus fließen methodische Möglichkeit und tatsächliche Verpflichtung aller drei Staatsgewalten, geschlechtsspezifisch relevante Sachverhalte als solche zu erfassen, in – vermeintlich geschlechtsneutralen – Regelungsbereichen potentiell unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer zu untersuchen und existierenden Asymmetrien entgegenzuwirken.

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