Christian LevedagDie Begünstigung der gewerblichen Einkünfte
Eine verfassungs- und europarechtliche Untersuchung zu §32c EStG und den „Brühler Empfehlungen“
Studienreihe wirtschaftsrechtliche Forschungsergebnisse, Band 18
Hamburg 2000, 404 Seiten
ISBN 978-3-8300-0233-8 (Print)
Zum Inhalt
Die nominelle Steuerbelastung der Gewinne deutscher Unternehmen ist im internationalen Vergleich traditionell hoch. Dies liegt an hohen Steuersätzen im Bereich der Ertagsteuern und an der Belastung der Unternehmen durch ein Vielartensteuersystem.
Deutsche Einzel- und Personenunternehmen unterliegen der Gewerbesteuer und die einzelnen Unternehmer persönlich der Einkommensteuer. Im Vergleich zu den übrigen in § 2 EStG aufgelisteten Einkunftsarten ergibt sich für die Personenunternehmern aus dem Zusammenwirken von Einkommen- und Gewerbesteuer eine spezifische steuerliche Zusatzbelastung. In der wissenschaftlichen und politischen Diskussion wird daher seit langem nach Wegen gesucht, die Endbelastung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Endbelastung der übrigen Einkunftsarten gleichzustellen. In Betracht kommen Entlastungsmechanismen in der Einkommensteuer oder die Abschaffung der Zusatzbelastung durch die Gewerbesteuer.
Als favorisiertes Modell wird die Abschaffung der Gewerbesteuer angesehen, doch ist dies nicht politisch durchsetzbar. Zudem ist die Gewerbesteuer als signifikante Einnahmequelle der Kommunen verfassungsrechtlich abgesichert und nicht ersatzlos streichbar. Soweit Entlastungen über die Einkommensteuer gesucht werden, ergeben sich fiskalische Grenzen. Eine breite Absenkung des Spitzensteuersatzes für alle Einkunftsarten ist nicht finanzierbar. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb müssen daher in der Einkommensteuer niedriger als die anderen Einkunftsarten besteuert werden. Der Gesetzgeber ist im StandOG 1994 den Weg gegangen, über einen Sondersteuersatz für eine Einkunftsart die gewerblichen Einkünfte einkommenssteuerlich zu privilegieren (§ 32c EStG).
Dies wirft vor allem verfassungsrechtliche Fragen auf, da eine Loslösung vom prinzipiellen Gebot der Gleichbehandlung der Einkunftsarten den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzen könnte. Ebenfalls könnte diese einkommenssteuerliche Begünstigung der Personenunternehmen das Gebot der Rechtsformneutralität verletzen. Der BFH hat im Jahr 1999 dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 32c EStG verfassungswidrig sei. Die Arbeit setzt sich mit dieser Frage auseinander und versucht vorauszusagen, wie das Verfassungsgericht entscheiden wird. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird zudem den Weg ebnen für die Höhe der Unternehmenssteuern im internationalen Vergleich. Setzt das Gericht enge Grenzen für die Ungleichbehandlung der Einkunftsarten durch spezielle Niedrigsteuersätze, so hat es der Gesetzgeber schwer, auf diesem Weg etwas für die Wettbewerbssituation der deutschen Personenunternehmen zu tun.
Als alternatives Entlastungsmodell für gewerbliche Einkünfte hat die sog. "Brühler Kommission" ein Konzept vorgelegt, nur den einbehaltenen Gewinn in Kapital- und Personengesellschaften (Sondersteuersatz oder sog. Optionsmodell) zu begünstigen. Aufbauend auf den "Brühler Empfehlungen" hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht, der gegenwärtig im Vermittlungsausschuss verhandelt wird. Auch die Empfehlungen der Kommission werfen Fragen nach einer Verletzung des Gleichheitssatzes auf. Darf der Staat steuerlich einseitig eine bestimmte Art der Gewinnverwendung und dann nur bei unternehmerischen Einkunftsarten bevorzugen? Die Arbeit diskutiert ausführlich die verfassungsrechtlichen Probleme dieser Modelle, welche Grundlagen der gegenwärtigen Steuerreformdiskussion sind.
Aus der Sicht des internationalen Steuerrechts bedeuten Entlastungsmechanismen für Personenunternehmen, dass inländische Betriebsstätten von beschränkt steuerpflichtigen Personenunternehmern einen spezifischen Steuersatz bekommen. Dies wirft vor dem Hintergrund des EU-Rechts die Frage auf, ob die Niederlassungsfreiheit verletzt wird. Grundsätzlich soll es steuerlich keinen Unterschied machen, ob ein Steuerpflichtiger im Niederlassungsstaat die Rechtsform der Kapital- oder Personengesellschaft wählt. Es wird untersucht, ob durch Sondersteuersätze für Personenunternehmer dieses Neutralitätsgebot verletzt wird. Aus der Sicht des Wettbewerbsrechts stellt sich weiter die Frage, ob spezielle Steuersätze für Marktteilnehmer in einer bestimmten Rechtsform eine verbotene Beihilfe im Sinne des EU-Rechts darstellen. Neben diesen speziellen Rechtsproblemen zeigt die Arbeit weiter auf, welche Komplikationen die gegenwärtig diskutierten Unternehmenssteuermodelle im internationalen Steuerrecht aufwerfen können.
Schlagworte
32c EStGBegünstigungBetriebsstätteBrühler EmpfehlungenGewerbesteuerGleichheitsgrundsatzOptionsmodellRechtswissenschaftSteuerentlastungIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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