Dissertation: Die Rückkehr zur bürgerlichen Revolution in Paris und Bordeaux (1793–1794)

Die Rückkehr zur bürgerlichen Revolution in Paris und Bordeaux (1793–1794)

Die präthermidoriale Reaktion als Indiz für politische Grundüberzeugungen

- in zwei Bänden -

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Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit, Band 59

Hamburg , 896 Seiten

ISBN 978-3-8300-4272-3 (Print) |ISBN 978-3-339-04272-9 (eBook)

Rezension

[...] Dass Revolutionen zu ihrem „bürgerlichen“ Pegelstand zurückkehren, wenn die Mobilisierung der Massen gegen das Ancien Régime nicht mehr benötigt wird, zeigt das Beispiel der französischen Revolution ebenso wie man es auch an aktuelleren Fällen ablesen kann. Daran materialreich zu erinnern, wie dieser Prozess im Detail verläuft, gehört zu den Gewinnen, die man aus der Lektüre dieser beiden Bände ziehen kann.



Zum Inhalt

In dieser Studie wird die These untersucht, dass Montagnards und Girondisten entgegen der gängigen Forschungsmeinung keine politisch antagonistischen Kräfte innerhalb des Konvents waren, sondern „feindliche Brüder“, die sich in fast allen entscheidenden politischen Fragen einig waren. Dies wird vor allem am Phänomen der „prä-thermidorialen Reaktion“ ab dem Winter 1793/94 analysiert. Anhand der „girondistischen“ Politik, die die Montagnards in der Zeit ab Anfang Dezember 1793 machten, wird dargelegt, dass eine aus Sicht der revolutionären Sansculottenbewegung reaktionäre Entwicklung nicht erst nach dem 9. Thermidor (Sturz Robespierres) begann, sondern bereits erheblich früher.

Zunächst wird die übereinstimmend ablehnende Haltung beider Parlamentariergruppen gegenüber den Forderungen aufgezeigt, die in vielen Petitionen durch die Bürger an sie herangetragen wurden. Diese Forderungen bezogen sich v. a. auf harte regulierende Eingriffe in die Wirtschaft und strenge Strafen bei Zuwiderhandlung. Die Montagnards gingen im Frühjahr 1793 eine taktische Allianz mit der revolutionären Bewegung ein, um ihre persönlichen Gegner, die führenden Girondisten, aus dem Konvent zu entfernen. Nach dem 31. Mai / 2. Juni radikalisierte sich die revolutionäre Bewegung jedoch zunehmend und erpresste unter Androhung von Gewalt den Beschluss ihrer Forderungen durch den verbliebenen Konvent. Folgen waren u. a. die „Terreur auf der Tagesordnung“, das „Verdächtigengesetz“, die Sansculottenmiliz, die Entchristianisierung etc. Bereits auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung begannen die Montagnards, Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Mit der „Übergangsverfassung“ vom 4. Dez. 1793 gelang ihnen der Beginn der „Ent-Revolutionierung“.

Diese Reaktion wurde vor allem im Frühjahr 1794 manifest in der personellen Neuorientierung in Richtung der gutbürgerlichen „Patrioten von 89“ und einer deregulierenden Wirtschaftspolitik, die Handeltreibende und Produzenten begünstigte sowie lohnabhängig Beschäftigte und Konsumenten benachteiligte. Die Auswirkungen der politischen Veränderungen in Paris werden anhand derjenigen in der Hauptstadt des Girondismus Bordeaux analysiert und verglichen. Alle Teilnehmer der „girondistischen Rebellion“ wurden im Sommer 1793 für vogelfrei erklärt. Bei der Strafverfolgung durch ein revolutionäres Tribunal wurden sie aber im Zuge der präthermidorialen Reaktion oftmals sogar mit Hinweis auf ihr bürgerschaftliches Engagement bei dieser Rebellion freigesprochen. Das von Hass geprägte Verhältnis zwischen den Montagnards und den ehemaligen Anhängern der Girondisten entspannte sich zusehends. Die reichen Kaufleute der Atlantikstadt gerieten in den Genuss von Wirtschaftsfördermaßnahmen, nachdem sie in der revolutionären Kulminationsphase zur Zahlung von hohen Geldsummen erpresst worden waren.

In einigen politischen Entscheidungen griff man in Bordeaux sogar den reaktionären Entwicklungen in Paris vor. Dies wird erklärt durch das Umfeld, das in Bordeaux weniger radikal war als in Paris und eine solche Entwicklung erleichterte. Bereits im Frühjahr 1794 wurden Amtsträger, die sich an der girondistischen Rebellion beteiligt hatten, begnadigt und sogar wieder in Funktionen eingesetzt.

Der Staatsstreich vom 9. Thermidor erscheint vor diesem Hintergrund nicht länger als die entscheidende Zäsur in der Geschichte des Konvents, sondern mehr als ein symbolischer Akt, nach dem der Ausstieg aus dem System der Terreur beschleunigt fortgesetzt werden konnte.

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