Elena GinghinăDaM, DaZ oder DaF? Eine Untersuchung der Sprachkompetenzen an deutschsprachigen Schulen in Rumänien
PHILOLOGIA – Sprachwissenschaftliche Forschungsergebnisse, Band 284
Hamburg 2025, 262 Seiten
ISBN 978-3-339-14282-5 (Print)
ISBN 978-3-339-14283-2 (eBook)
Zum Inhalt
Wie beherrschen die Schüler nach zehn Jahren in einem deutschen Gymnasium tatsächlich die deutsche Sprache? Und welche Rolle spielt das Erlernen der deutschen Sprache unter Berücksichtigung historischer, ethnischer und sozialer Unterschiede in einem formalen Bildungskontext und im täglichen Leben?
Die oben gestellten Fragen bilden die Grundlage für eine interdisziplinäre und umfassende Untersuchung, die an zwei angesehenen deutschen Schulen in Rumänien durchgeführt wurde: das Samuel-von-Brukenthal-Gymnasium in Hermannstadt und das Nikolaus-Lenau-Lyzeum in Temeswar. Beide Institutionen blicken auf eine lange Geschichte im Kontext zweier unterschiedlicher deutschsprachiger Minderheiten zurück – der Siebenbürger Sachsen und der Banaterschwaben. Untersucht wurde, inwiefern diese historische Zugehörigkeit der Schulen auch heute noch Einfluss auf den Erwerb der deutschen Sprache bei rumänischsprachigen Schüler:innen nimmt.
Ausgangspunkt der Untersuchung war die Hypothese, dass die genannten Minderheiten – angesichts des weitgehend fehlenden außerschulischen deutschen Sprachkontexts – kaum noch eine prägende Rolle für die Sprachwirklichkeit der Lernenden spielen. Das Werk untersucht mit wissenschaftlicher Genauigkeit und mit pädagogischem Feingefühl die Sprachsituation der Schüler dieser beiden Gymnasien. Quantitative und qualitative Methoden werden vereint, insbesondere durch die Analyse schriftlicher und mündlicher Sprachproben, um ein realistisches Bild der gegenwärtigen sprachlichen Fertigkeiten zu erstellen.
Die Studie liefert wertvolle Erkenntnisse für Sprachwissenschaftler:innen, Lehrkräfte im Fach Deutsch, Bildungsexpert:innen sowie für alle, die sich mit den Herausforderungen und Möglichkeiten des Deutschunterrichts in einem mehrsprachigen Kontext auseinandersetzen. Die Schwierigkeit für diese Schüler besteht darin, dass sie Inhalte auf muttersprachlichem Deutschniveau vermittelt bekommen, obwohl sie Deutsch im familiären Alltag nicht sprechen. Der Erwerbsprozess der deutschen Sprache ist dabei oft noch nicht gefestigt, während die Unterrichtsweise kaum auf diese speziellen Bedürfnisse eingeht. Unter diesen Umständen entwickelt sich eine sprachliche Realität, die wegen ihrer Besonderheit schwer einzuordnen ist.
Dieses Werk befasst sich mit grundlegenden Fragen der Sprachdiagnostik und Sprachförderung, insbesondere im Hinblick auf gegenwärtige Herausforderungen in der mehrsprachigen Bildung.
Zur Autorin
Elena Ginghină ist wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Germanistik der Lucian-Blaga-Universität in Hermannstadt/Sibiu. Zuvor unterrichtete sie über 15 Jahre Deutsch am traditionsreichen Samuel-von-Brukenthal-Gymnasium, einer Schule der deutschen Minderheit in Rumänien. Dort sammelte sie wertvolle Einblicke in die sprachlichen Herausforderungen von Schüler:innen in deutschsprachigen Bildungsgängen.
Diese langjährige Praxiserfahrung sowie ihre eigene Schulbiografie im deutschsprachigen System Rumäniens bildeten die Grundlage ihrer empirischen Studie zu sprachlichen Kompetenzen an Minderheitenschulen. Im Fokus steht dabei die Frage, wie sich Deutsch als Bildungs- und Unterrichtssprache unter Bedingungen begrenzter Alltagssprache entwickelt.
Als Co-Autorin eines Lehrbuchs für Deutsch als Muttersprache beschäftigte sie sich intensiv mit der Auswahl von Lerninhalten und Übungsformaten. Diese Arbeit verdeutlichte ihr die Kluft zwischen schulischen Anforderungen und tatsächlichen sprachlichen Voraussetzungen der Lernenden – und deren Auswirkungen auf den Spracherwerb.
Ginghină studierte Germanistik und Anglistik an der Lucian-Blaga-Universität, wo sie auch zwei Masterprogramme in deutscher und englischer Literatur absolvierte. Ihre Promotion erfolgte an derselben Universität, betreut von einem Hochschullehrer der Philipps-Universität Marburg, an der sie bereits ein Auslandssemester verbracht hatte.
Ihre Forschung versteht sich als Beitrag zu aktuellen Debatten über Sprachförderung, Identität und Bildungsgerechtigkeit im europäischen Kontext – insbesondere im Spannungsfeld von Mehrsprachigkeit, Migration und Deutsch als Bildungs-, Zweit- oder Fremdsprache.