Sebastian ScheffzekDer Einfluss der Mühlenbruch‘schen Zessionslehre auf ausgewählte Gerichte im 19. Jahrhundert
Rechtsgeschichtliche Studien, Band 47
Hamburg 2011, 182 Seiten
ISBN 978-3-8300-5955-4 (Print)
ISBN 978-3-339-05955-0 (eBook)
Zum Inhalt
Das Buch ist eine sehr konzentrierte privatrechtsgeschichtliche Studie. Der Autor beschäftigt sich mit der praktisch bedeutsamen Frage, ob Forderungen als Vollrecht vom Zedenten auf einen Zessionar übertragen werden können. Diese Frage hat die Rechtswissenschaft zwischen klassischem römischen Recht und Beginn des 19. Jahrhunderts wechselhaft beantwortet: Im klassischen römischen Recht war die Forderung unlösbar an die Person des Gläubigers gebunden. Die wirtschaftliche Nutzung von Forderungen konnte nur durch Umgehungsmodelle erreicht werden, etwa die Bestellung des Zessionars zum Prozessvertreter des Zedenten.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Wissenschaft mehrheitlich der Auffassung, Forderungen seien als Vollrecht übertragbar. Der Rechtswissenschaftler und Richter Mühlenbruch hingegen vertrat, Forderungen seien von Natur aus nicht übertragbar. Nicht einmal eine gesetzliche Regelung könne daran etwas ändern. Das von ihm wiederbelebte Unübertragbarkeitsdogma war bis Mitte des 19. Jahrhunderts herrschende Ansicht in der Pandektenwissenschaft. Nicht zuletzt durch Bähr und Windscheid, um nur zwei bekannte Vertreter der Vollrechtsübertragung zu nennen, wurde ab Mitte des 19. Jahrhunderts die endgültige Wende zurück zur Vollrechtsübertragung ermöglicht. Mit einem Urteil des Reichsoberhandelsgerichts von 1872 und dem Inkrafttreten des BGB am 01.01.1900 wurde die Frage der Übertragbarkeit von Forderungen endgültig zugunsten einer Vollrechtsübertragung beantwortet.
Rechtssprechungsanalysen – wie die vorliegende – hängen entscheidend davon ab, dass die Fragestellung auf Fallkonstellationen bezogen ist, die am Ende auch vergleichbar sind und einen etwaigen Einfluss der wissenschaftlichen Literatur zeigen können. Dies ist der Analyse voll gelungen: insbesondere das Zessionsmodell, die Fälle der doppelten Zession, der Widerklage des Schuldners, der Erhalt von Aufrechnungsmöglichkeit und Einreden sowie Form und Wirkung der Bekanntmachung erlauben die Auswirkungen der Mühlenbruch`schen Zessionslehre nachzuvollziehen. Das Buch überzeugt insoweit durch die Klarheit des Aufbaus und des methodischen Vorgehens.
Die Untersuchung umfasst die Rechtsprechung der Oberappellationsgerichte Lübeck und Darmstadt, des Rheinischen Revisions- und Kassationshof sowie das badische Oberhofgerichts und damit Rechtskreise, in denen teils nach gemeinem Recht, aber in Baden und Rheinhessen auch nach Code Civil bzw. Badischem Landrecht entschieden wurde.
Schlagworte
19. JahrhundertBadenMühlenbruchOAG DarmstadtOAG LübeckOberhofgerichtRechtsgeschichteRechtsprechungRechtswissenschaftZessionZessionsrechtIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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