Doktorarbeit: Mischkalkulationen im Bauvergaberecht

Mischkalkulationen im Bauvergaberecht

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Schriften zum Bau- und Vergaberecht, Band 9

Hamburg , 140 Seiten

ISBN 978-3-8300-5434-4 (Print) |ISBN 978-3-339-05434-0 (eBook)

Zum Inhalt

Alexander Seidenberg untersucht, welche Auswirkungen die Mischkalkulation auf das Bauvergabeverfahren und das Nachprüfungsverfahren hat, ferner welche Besonderheiten bei einem Zuschlag trotz Mischkalkulation zu beachten sind.

Zur Untersuchung der Mischkalkulation ist zunächst die Darlegung der wesentlichen Prinzipien und Strukturen des Bauvergaberechts notwendig. Das Bauvergaberecht ist sowohl öffentlich- als auch privatrechtlich geprägt. Es handelt sich um Vorschriften, die sich an Träger öffentlicher Verwaltung richten, im Ergebnis aber auf den Abschluss eines zivilrechtlichen Bauvertrages abzielen. Einzugrenzen sind hier der sachliche und persönliche Anwendungsbereich sowie die im Vergaberecht geltenden Grundsätze.

Der Begriff „Mischkalkulation“ kommt aus den Wirtschaftswissenschaften. Es handelt sich hierbei um ein Kalkulationsverfahren, das der preispolitisch diktierten Anpassung der Preise innerhalb eines Sortiments dient. Dabei wird der Preis für einige Artikel des Sortiments – sogenannte Ausgleichsnehmer – gesenkt, für andere Artikel – sogenannte Ausgleichsgeber – erhöht, um die Preissenkung zu subventionieren.

Im Bauvergaberecht hat der Begriff eine andere Bedeutung. Hier geht es nicht um Preisverschiebungen zwischen unterschiedlichen Artikeln des Sortiments, sondern um die Verlagerung von Preisbestandteilen zwischen den Ordnungsziffern eines Leistungsverzeichnisses. Bei der Erstellung des Angebots berechnet der an der Ausschreibung teilnehmende Bieter die Preise für die einzelnen Leistungen. Danach verlagert er Preisbestandteile aus einer Position des Leistungsverzeichnisses in eine andere und gibt die auf diese Weise zustande gekommenen Preise im Angebot an.

In einigen Fällen ist streitig, ob eine Preisverlagerung anzunehmen ist. Zu klären ist beispielsweise, ob sie bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung, einem Pauschalvertrag sowie im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens bzw. einer Freihändigen Vergabe möglich sind. Hier gilt die Besonderheit, dass vom Auftraggeber kein Leistungsverzeichnis vorgegeben wird bzw. dass zwischen Bieter und Auftraggeber über die Preise verhandelt wird.

Notwendig ist weiter eine Abgrenzung zu Spekulationspreisen. Fraglich ist auch, ob Preisverlagerungen miteinander korrespondieren und die Abpreisungen in einigen Positionen den Aufpreisungen in anderen Positionen betragsmäßig entsprechen müssen.

Zur Feststellung von Preisverlagerungen wird in einigen Fällen eine Auslegung der Leistungsbeschreibung notwendig sein; mittels deren kann bestimmt werden, ob die Preisbestandteile an der fraglichen Stelle berücksichtigt werden durften.

Liegt einem Angebot eine Mischkalkulation zugrunde, so stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben. Die Angebotswertung verläuft im Vergabeverfahren in vier Stufen. Auf jeder dieser Stufen ist ein möglicher Ausschluss des Angebots zu diskutieren. Der Prüfungsschwerpunkt liegt dabei auf der ersten Wertungsstufe. Hier ist zu klären, ob das Angebot beim Vorliegen von Preisverlagerungen als vollständig anzusehen ist oder vielmehr wegen Unvollständigkeit der Preisangaben auszuschließen ist.

Zu untersuchen ist weiterhin die Frage, ob der Ausschluss zwingend ist oder ob dem Auftraggeber ein Ermessensspielraum zugestanden werden kann. Diese Frage stellt sich insbesondere dann, wenn von der Mischkalkulation lediglich eine unwesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs ausgeht.

Wird ein Angebot wegen Mischkalkulation ausgeschlossen, muss die Verteilung der Darlegungs- und der Beweislast für das Vorliegen einer Mischkalkulation geklärt werden. Zu untersuchen ist hier nicht nur die Frage, wer die Darlegungs- und die Beweisast trägt, sondern auch, welche Tatsachen vorgetragen und bewiesen werden müssen. Fraglich ist unter anderem, ob die Durchführung der Aufklärung dargelegt werden muss oder die fehlende Aufklärung durch Anhörung vor einem Gericht oder einer Vergabekammer geheilt wird. Verweigert der Bieter die Aufklärung bezüglich des Vorliegens einer Mischkalkulation, erschwert er damit dem Auftraggeber die Darlegungs- und Beweisführung. Daher stellt sich die Frage, ob sein Angebot schon deswegen ausgeschlossen werden kann bzw. ausgeschlossen werden muss.

Das Bauvergaberecht findet Anwendung bis zur Zuschlagserteilung. Durch den Zuschlag kommt ein zivilrechtlicher Vertrag zustande, der nach BGB und VOB/B beurteilt wird. Die Auswirkungen einer Mischkalkulation nach Zu schlagserteilung gehören nicht mehr zum Vergaberecht. Nichtsdestoweniger soll untersucht werden, wie sich die erst nach Zuschlagserteilung festgestellte Mischkalkulation auf die Vertragsabwicklung auswirken können.

Als erstes stellt sich die Frage, ob der Vertrag auch dann wirksam ist, wenn er unter Verstoß gegen das Vergaberecht zustande gekommen ist. Ist der Vertrag wirksam, ist zu prüfen, ob und wie der Auftraggeber die ihm aufgrund der Mischkalkulationen entstandenen oder entstehenden Nachteile ausgleichen kann. Werden Preisbestandteile aus Preisen für später zu vergütende Leistungen in die am Anfang zu vergütende Leistungen verschoben, können dem Auftraggeber dadurch Zinsnachteile entstehen. Fraglich ist daher, ob der Auftraggeber berechtigt ist, die Abschlagszahlungen nur in der Höhe zu leisten, die er ohne die Mischkalkulation geschuldet hätte.

Bei einer etwaigen Preisfortschreibung, zum Beispiel infolge einer Mengenänderung, muss geklärt werden, welche Preise als Grundlage heranzuziehen sind: die auf einer Mischkalkulation basierenden Einheitspreise aus dem Vertrag oder die vor der Mischkalkulation ermittelten, in der Urkalkulation des Bieters angegebenen Preise und Preisgrundlagen.

Dem Auftraggeber können Schadensersatzansprüche gegen den Bieter sowie gegen mit der Begleitung der Ausschreibung beauftragte Dritte zustehen. Zu untersuchen ist hier unter anderem die Frage, welcher Schaden erstattungspflichtig ist.

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