Gesine GeisemeyerDie Berufung der bedürftigen Partei im Zivilprozess
Zugleich ein Beitrag zum Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit von Prozesshandlungen
Schriften zum Zivilprozessrecht, Band 16
Hamburg 2009, 250 Seiten
ISBN 978-3-8300-4116-0 (Print)
ISBN 978-3-339-04116-6 (eBook)
Zum Inhalt
Rechtsprechung und herrschende Lehre sind sich seit langem darüber einig, dass – anders als in der ersten Instanz im Zivilprozess – eine Berufung nicht nur für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegt werden darf. Begründet wird dies schlicht mit dem Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit von Rechtsmitteln bzw. von Prozesshandlungen im Allgemeinen.
So ist die mittellose Partei gezwungen, zur Wahrung der Frist die Berufung einzulegen. Wird ihr anschließend Prozesskostenhilfe versagt, kann sie die Berufung zwar zurückzunehmen, muss jedoch die bereits entstandenen Kosten hierfür tragen.
Alternativ besteht für die bedürftige Partei nur die Möglichkeit, zunächst isoliert Prozesskostenhilfe zu beantragen, was in den allermeisten Fällen zur Versäumung der Rechtsmittelfrist führt. Damit die mittellose Partei aber nicht schlechter steht als eine reiche Partei, gestattet es ihr die Rechtsprechung, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist, gegebenenfalls auch die versäumte Begründungsfrist, zu stellen.
Ein solch umständliches und den Hauptprozess nochmals verzögerndes Verfahren könnte durch eine Berufung, welche von vornherein nur für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung eingelegt wird, vermieden werden.
Ziel der Verfasserin ist es daher, die Zulässigkeit einer durch Prozesskostenhilfebewilligung bedingten Berufung zu untersuchen.
Dabei überprüft die Autorin die gegen eine solchermaßen bedingte Berufung vorgebrachten Argumente auf ihre Plausibilität hin. So wird der Frage nachgegangen, ob eine so genannte außerprozessuale Bedingung vorliegt und ob es sich dabei unweigerlich um eine unzulässige Bedingung handeln muss. Dies ist im konkreten Fall fraglich, da das Gericht des Hauptprozesses selbst über den Prozesskostenhilfeantrag entscheidet. Dem gegen außerprozessuale Bedingungen vorgebrachten Argument der Rechtsunsicherheit für das Verfahren fehlt es daher an Überzeugungskraft.
Zudem werden Parallelen zu weiteren zulässigen und unzulässigen bedingten Prozesshandlungen gezogen und Widersprüche in der Dogmatik der Rechtsprechung aufgezeigt.
Neben einer Untersuchung der dogmatischen Bedenken steht eine Analyse der Interessenlage im Mittelpunkt der Studie. Hierbei werden die teils gegenläufigen Interessen aller Verfahrensbeteiligten herausgearbeitet und ihre weitestgehend mögliche Berücksichtigung im Rahmen eines Wiedereinsetzungsverfahrens sowie bei einer bedingten Berufung untersucht. Es stehen sich dabei das Interesse an Rechtssicherheit und einer möglichst zügigen Prozessbeendigung einerseits und das Interesse an einer möglichst kostengünstigen Betreibung des Verfahrens andererseits gegenüber.
So ergibt die Gegenüberstellung beispielsweise, dass sich der Weg über das Wiedereinsetzungsverfahren als wesentlich langwieriger erweist als eine bedingte Berufung. Dies gilt insbesondere, nachdem der BGH kürzlich festgestellt hat, dass bei einer zugleich versäumten Berufungsbegründungsfrist die Wiedereinsetzungsfrist zur Nachholung der Begründung nicht schon mit der Prozesskostenhilfebewilligung, sondern erst mit der Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungseinlegungsfrist zu laufen beginnt.
Aus der Untersuchung folgt, dass bei einer bedingt durch Prozesskostenhilfe eingelegten Berufung die Interessen aller Beteiligten eher Berücksichtigung finden, als dies bei dem derzeitigen Weg über ein Wiedereinsetzungsverfahren der Fall ist.
Abschließend kommt die Verfasserin zu dem Ergebnis, dass die vorgebrachten Begründungen tatsächlich nicht tragen und daher von der Zulässigkeit einer Berufung nur für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung auszugehen ist.
Schlagworte
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