Reinhard OlivierAugenblicke, Stunden, Jahre - Autobiographische Aufzeichnungen
Lebenserinnerungen, Band 21
Hamburg 2000, 336 Seiten
ISBN 978-3-8300-0173-7 (Print)
Zum Inhalt
"Viele Menschen träumen von der großen Einheit in der Wissenschaft und der alles umfassenden Güte und Weisheit im Leben, aber sollte diese je in irgendeiner Form erreichbar sein, so sicher nur im Durchschreiten und Aufrechterhalten der Gegensätze. Der Raum, der alles umfaßt, existiert nur im Zustand größter geistiger Spannung."
Diese "autobiographischen Aufzeichnungen" sind nicht im eigentlichen Sinne eine Biographie. Man wird darin vergeblich nach den gängigen Stationen eines Lebenslaufes oder nach den Haltepunkten suchen, die gewöhnlich der Bestandteil einer akademischen Würdigung sind. Es ist in einem fast ausschließlichen Sinn eine innere Biographie, in der die bestimmenden Momente - und das sind gewöhnlich Krisen - entwickelt und aufgeschlüsselt und damit die tatsächlichen Bedingungen beschrieben werden, unter denen die psychologische Entwicklung verlief, die wiederum die Grundlage einer langfristig angelegten wissenschaftlichen Arbeit und Zielsetzung war. So sehr dies nachträglich als stringent erscheinen mag, war es in seinem Ablauf doch von großen Erschütterungen geprägt, und es bedurfte sicher des großen Abstandes von mindestens zwanzig Jahren zu den Ereignissen, um sie einer genauen und schonungslosen Analyse zugänglich zu machen.
Im Zentrum stehen vier Liebeserlebnisse, in denen sich viele Konflikte spiegeln und in denen in ganz verschiedener Weise die grundlegenden Kräfte des hier geschilderten Lebens zum Ausdruck kommen. In der Geschichte Valuschs zeigt sich die elementare Kraft einer bedingungslosen Liebe und in der Geschichte Marlenes, wie sich vor dem Hintergrund New Yorks in kürzester Zeit eine fundamentale Katastrophe und Umwandlung entwickeln kann.
Den Beginn des Buches bildet eine Reihe von Todeserlebnissen, die jedes für sich in knapper Form auf ihren Höhepunkt zu geschrieben sind. Dies ist der sonst nicht mehr ausgesprochene Hintergrund des weiteren Textes.
Im dritten und letzten Kapitel wird genauer beschrieben, wie die psychologische Entwicklung die Grundlage einer wissenschaftlichen Begriffsbildung ist. Dies wirft ein Licht auf die subjektiven Bedingungen der "Objektivität". Das Hauptproblem müsste man im Sinne der Psychoanalyse wohl dem Mutterkomplex zuordnen, auch wenn die Mutterbindung früh aufgehoben wird. Es ist die Suche nach dem schützenden Raum. In einem langen und teilweise äußerst schmerzhaften Prozess wird er schrittweise erweitert, bis er in dem Liebeserlebnis mit Marlene zerbricht und anschließend neu geschaffen werden kann. Es gehört zu den Besonderheiten dieses intellektuell-emotionalen Lebenslaufes eines Mathematikers, dass die Lektüre von Prousts "Recherche" und das Studium eines grundlegenden Textes des chinesischen Zen-Buddhismus eine größere Rolle spielen als die gängige mathematische Lektüre und dass erst eine intensive Auseinandersetzung mit der Kunst die hermetisch verschlossene Tür öffnet.
Schlagworte
AutobiografieErinnerungenHochschuleLebenserinnerungenMathematikProfessorPsychologieRaumbegriffUniversitätIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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