Franz A. SagaischekSpätgotische Architektur zur Zeit Kaiser Friedrichs III. (1415–1493)
Die Wiener Neustädter Bauschule und Friderizianischer Historismus
Studien zur Geschichtsforschung des Mittelalters, Band 41
Hamburg 2020, 198 Seiten
ISBN 978-3-339-11726-7 (Print)
ISBN 978-3-339-11727-4 (eBook)
Rezension
[...] Sagaischek ist angetreten, eine Forschungslücke zu schließen, da es bisher eines kritischen Überblicks über die im Raum Wiener Neustadt prosperierende Bautätigkeit jener Epoche ermangelte. Dies wird vom Autor nun nachgeholt und sogar außerhalb Niederösterreichs bzw. der historischen Erblande gelegene Regionen erfasst. Die hier gewählte Perspektive bezieht etwa auch Schwaben, Sachsen oder Böhmen mit ein und unterwirft neuere Forschungsmeinungen zum Wiener Stephansdom – etwa eines Johann Josef Böker – einer gründlichen und teils widersprechenden Betrachtung.
[...] Nach einer in der Geschichtsforschung vorgenommenen Neubewertung der Regierungszeit Kaiser Friedrichs III. ist eine Untersuchung hoch willkommen, welche den seitens der Architekturgeschichte längst erkannten Eigenwert besagter Epoche aus neuerer Sicht in Erinnerung ruft.
Zum Inhalt deutschenglish
Friedrich III. wird 1439 Herzog von Österreich, 1440 deutscher König und macht nach seinem Regierungsantritt Wiener Neustadt zu einer seiner Residenzstädte. Obwohl es letztlich keine schriftliche Überlieferung einer eigenen Bauhütte in Wiener Neustadt gibt, geht doch die Literatur in Bezug auf die gesamte baukünstlerische Entwicklung damalig von einem Zentrum aus, das um Wiener Neustadt entstanden ist und auch weit in die Steiermark gewirkt hat. Während in Wien eine Bauhütte klar dokumentiert ist, gibt es für Wiener Neustadt, ebenso für Graz, nur wenige bis keine schriftlichen Hinweise.
Der in der Studie behandelte Zeitabschnitt deckt sich weitgehend mit der Regierungszeit Friedrichs III. (1415–1493), der 1452 römisch-deutscher Kaiser wird. Tradition und Kontinuität in Anlehnung an die ersten Habsburger bilden einen wesentlichen Machtfaktor, der sich auch in der Architektur widerspiegelt. Die retrospektiv gehaltene Gestaltung zu jener Zeit ist augenscheinlich, absichtlich und vor allem mit großem Einfluss auf die nahe, aber auch weitere Umgebung. Die kaiserliche Baukunst zu jener Zeit wird „Friderizianischer Historismus“ bezeichnet. Die Verwendung retardierender Gestaltungselemente in Zusammenhang mit der Herrscherpersönlichkeit Kaiser Friedrichs III. als prominenten Auftraggeber ist, überregional betrachtet, nahezu einzigartig.
Aus der Interpretation seiner Zeit heraus entwickelt Friedrich eine Haltung, die unweigerlich zu Historismen führen muss. Ebenso wie dies in seiner religiösen Haltung, in seiner neuen (alten) Beziehung zur Kirche und damit zum Papst zum Ausdruck kommt, so spiegelt sich diese Gesinnung auch in „seiner“ Baukunst wider, für den Fall er darauf Einfluss zu nehmen in der Lage gewesen ist. Dies ist an Bauten in Wiener Neustadt ganz deutlich ablesbar. Wenn man dies als gegeben annimmt, so hat die Bezeichnung Friderizianischer Historismus jedenfalls seine Berechtigung und ist als „Zeitstil“ auch als solcher anzusehen. Die Intention Friedrichs ist es, die Zeit zu reformieren, im Sinne von re-formare, also der Wiederherstellung einer Zeit, die es bereits gegeben hat.
Das Ergebnis ist, auch wenn seine mitunter geschilderte „Untätigkeit“ oft in den Vordergrund gestellt wird, jedenfalls ein geeintes Reich, das es an Größe bisher nicht gegeben hat und seinem Sohn Maximilian die Basis für eine weitere noch umfassendere Herrschaft bietet sowie eine Hofbaukunst, die zu ihrer Zeit einzigartig ist.
Schlagworte
ArchitekturBauforschungBaukunstFriderizianischer HistorismusFriedrich III.Friedrichs ItinearGewölbeformenHabsburgerHeraldikKunstgeschichteMittelalterSpätgotikSteiermarkWienWiener NeustadtIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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Weiteres Buch des Autors
Studien zu Niederkirchen im Bistum Passau
Fünfzehn Kirchen im heutigen Bezirk Zwettl im Waldviertel
Hamburg 2020, ISBN 978-3-339-11456-3 (Print) | ISBN 978-3-339-11457-0 (eBook)