Dissertation: Von den „wandelbaren“ zu den „unwandelbaren“ ehelichen Lebensverhältnissen?

Von den „wandelbaren“ zu den „unwandelbaren“ ehelichen Lebensverhältnissen?

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Studien zum Familienrecht, Band 47

Hamburg , 194 Seiten

ISBN 978-3-8300-7713-8 (Print) |ISBN 978-3-339-07713-4 (eBook)

Zum Inhalt

Auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (UÄndG 2007) richtet sich das Maß des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB nach den „ehelichen Lebensverhältnissen“. Der Familiensenat des Bundesgerichtshofs hatte diesen Begriff in der Vergangenheit stichtagsbezogen interpretiert, indem er nach Rechtskraft der Ehescheidung eintretende Veränderungen in den Einkommensverhältnissen des Unterhaltsschuldners nur dann den ehelichen Lebensverhältnissen zurechnete, wenn sie bereits in der Ehe angelegt waren. Mit seiner Rechtsprechung zu den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen“ (nachfolgend: „Wandelbarkeitsrechtsprechung“) löste er sich von diesem Stichtagsprinzip und entschied, dass auch nach Rechtskraft der Ehescheidung eintretende Einkommensänderungen wie beispielsweise Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners gegenüber nachehelich geborenen Kindern aus einer neuen Verbindung oder Unterhaltspflichten gegenüber einem neuen Ehegatten den Unterhaltsbedarf des geschiedenen unterhaltsberechtigten Ehegatten beeinflussen sollen. Im Falle der Unterhaltskonkurrenz zwischen geschiedenem und neuem Ehegatten des Unterhaltsschuldners ermittelte der BGH den jeweiligen Unterhaltsbedarf im Wege der „Dreiteilungsmethode“. Dies führte zu einem Wegfall der dem geschiedenen unterhaltsberechtigten Ehegatten bis dahin gewährten Lebensstandardgarantie. Mit Beschluss vom 25.1.2011 hat das Bundesverfassungsgericht dieser Rechtsprechung mit der Begründung ein Ende gesetzt, sie überschreite die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung. Der BGH ist infolgedessen mit Urteil vom 7.12.2011 ausdrücklich zur stichtagsbezogenen Bedarfsbemessung zurückgekehrt.

Die Verfasserin stellt in ihrer Untersuchung die These auf, dass das Stichtagsprinzip – insbesondere im Hinblick auf den Schutzzweck der Rangfolgenregelung des § 1609 BGB – oftmals nicht zu sachgerechten Lösungen der Unterhaltsberechnung führt und die dem geschiedenen unterhaltsberechtigten Ehegatten weiterhin gewährte Lebensstandardgarantie weder den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen noch der Pflicht zur „nachehelichen Solidarität“ Rechnung trägt. Im Wege der klassischen juristischen Auslegung gelangt die Verfasserin wesentlich zu dem Ergebnis, dass ein weites Verständnis des Wortlauts des § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB eine Interpretation der „ehelichen Lebensverhältnisse“ als „wandelbar“ durchaus rechtfertigt und sich ein solches Verständnis auch mit den Zielen des Gesetzgebers zum UÄndG 2007 deckt, insbesondere mit dessen Intention einer unterhaltsrechtlichen Gleichstellung von Erst- und Zweitfamilie. Vor dem Hintergrund, dass die historische und systematische Auslegung zumindest zu ambivalenten Ergebnissen führen kann, die Verfasserin die praktischen Konsequenzen der „Wandelbarkeitsrechtsprechung“ aber auch aus rechtspolitischen Gesichtspunkten befürwortet, schlägt sie eine Gesetzesänderung vor, die eine Aufnahme der Kriterien der „Wandelbarkeitsrechtsprechung“ in den Wortlaut des § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB vorsieht.

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