Dissertation: Alter(n)svorstellungen älterer Migrantinnen

Alter(n)svorstellungen älterer Migrantinnen

Eine explorative Studie über deren biografische Lebensentwürfe

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Studien zur Migrationsforschung, Band 7

Hamburg , 380 Seiten

ISBN 978-3-8300-2430-9 (Print) |ISBN 978-3-339-02430-5 (eBook)

Rezension

[...] Die fundierte Arbeit schließt auf dem Gebiet der Alten- und Ausländerforschung eine große Kluft und ist nicht nur aus gegenwärtigen Anlässen als richtunggebendes Werk der Migrationsforschung zu bewerten. Es ist schon selten, dass eine Dissertation, die zudem ein äußerst komplexes und relativ unerforschtes Themenfeld behandelt, Lesbarkeit mit Anspruch verbindet und trotzdem wissenschaftlich sattelfest bleiben kann. Hier ist es der Fall. [...]



Zum Inhalt

In der Öffentlichkeit wie auch in der fachwissenschaftlichen Auseinandersetzung wird die weibliche Dimension eines Alterungsprozesses in der Migration eher selten thematisiert. Mehrheitlich wird die weibliche Perspektive unter einer geschlechtsneutralen Sichtweise subsumiert oder mit kulturell/ethnischen Stereotypisierungen belegt.

Wie ältere Migrantinnen sich selbst, ihre Biografie sowie ihre aktuelle Lebenssituation wahrnehmen und deuten, welche Wünsche und Bedürfnisse, aber auch Ängste und Zwänge sie im Hinblick auf den eigenen Alterungsprozess erleben bzw. antizipieren, welche Kompetenzen (aber auch Einschränkungen) ihnen aus ihrer bisherigen Biografie zur Verfügung stehen und welche Perspektiven sich für zukünftige Entscheidungen daraus ergeben, wird in dieser Studie exploriert und in einem Zusammenhang mit biografischen Auseinanderset-zungsprozessen betrachtet. Der Ertrag der Studie liegt dabei nicht primär in einem praktisch handhabbaren Entwurf für die Altenhilfe, sondern in einem differenzierteren Verstehen von Motiven, Deutungs- und Handlungsmustern älterer Migrantinnen.

In einem theoretischen Grundlagenteil wird zunächst über einen konstruktivistischen Zugang die begrenzende bzw. festlegende Funktion von Zuschreibungsprozessen für die Kategorien Kultur, Ethnie, Alter und Geschlecht aufgezeigt. Der sich anschließende Hauptteil befasst sich mit der Darstellung und Analyse von 28 halbstandardisierten, biografischen Interviews mit Frauen aus der Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien, Spanien sowie jeweils einem Kontrastinterview mit einer Asylbewerberin und einer Spätaussiedlerin. Drei männliche Kontrastinterviews werden am Rande in die Untersuchung mit einbezogen.

Ausgehend von Migrationsmotiven, über die Auseinandersetzung mit den Herausforderungen einer individualisierten und pluralisierten Aufnahmegesellschaft werden differente Zukunftsantizipationen sichtbar, die sich sowohl auf potenzielle Lebensorte als auch Lebensformen beziehen und eine Fortsetzung des gelebten Lebens und bisheriger Handlungsstrategien darstellen.

Frauen, die die Migration als Lebens- und Entwicklungschance für sich antizipiert und ange-nommen haben, zeigen sich auch im Hinblick auf ihren Alterungsprozess handlungskompetent. Auch für traditionell orientierte Frauen, die in einem „kulturell intakten“ familiären Kontext leben, entstehen im Prozess des Alterns keine grundsätzlichen Unsicherheiten oder Entscheidungszwänge. So antizipieren diese Frauen ein Leben in einem traditionellen Versorgungsverhältnis und orientieren ihre Entscheidung hinsichtlich eines Lebensortes an familiären Entscheidungen. Die größten Unsicherheiten im Alterungsprozess und den Zukunftsantizipationen zeigen Frauen, die sich in ihrer Orientierung zwischen Traditions- und Modernisierungsmuster ambivalent erleben und gleichzeitig verstärkt von erodierenden familiären Verhältnissen betroffen sind.

Mit den Ergebnissen der Studie bestätigen sich größtenteils Erkenntnisse der bisherigen Le-benslagenforschung. Darüber hinaus bietet die Studie reichhaltiges Material für ein differenziertes Verstehen von Motivlagen und Handlungsstrukturen älter werdender Migrantinnen, welches für die Weiterentwicklung konzeptioneller Ansätze in der Altenhilfe genutzt werden kann.

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