Dissertation: Musikgeschichte Madagaskars

Musikgeschichte Madagaskars

Unter besonderer Berücksichtigung der europäischen Einflüsse

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Studien zur Musikwissenschaft, Band 5

Hamburg , 278 Seiten

ISBN 978-3-8300-1775-2 (Print) |ISBN 978-3-339-01775-8 (eBook)

Zum Inhalt

Für die Musik und Kultur Madagaskars sind Einflüsse von außen - arabische, afrikanische, südostasiatische und europäische - von prägender Wirkung gewesen. Die vorliegende Arbeit untersucht die Auseinandersetzung mit europäischer Musik vom Beginn von deren Eindringen bis zur Gegenwart. Radama I. (1810-1828), König eines Teilgebiets der Insel, öffnete den Engländern sein Herrschaftsgebiet. Der Hintergrund war seine Hoffnung, mit Hilfe der Europäer und ihrer Waffen die Herrschaft über die ganze Insel zu erobern, was auch teilweise gelang. Die Engländer faßten auf der Insel nicht nur als Militärberater und Lieferanten von Waffen und Uniformen (auch König Radama trug eine englische Uniform) Fuß, sondern nahmen auch starken Einfluß auf kulturellem Gebiet.

Zum Repertoire der königlichen Armee gehörte neben eigentlicher Militärmusik auch Musik des klassischen Repertoires, angeblich auch Rossini und Mozart. Als viel später, 1896, Madagaskar durch Frankreich erobert und kolonialisiert wurde, wurde französischer Einfluß, natürlich auch bewußt gefördert, dominant. 1900 trat sogar eine madagassische Truppe bei der Weltausstellung dieses Jahres in Paris auf.

Die Öffnung Madagaskars hatte auch eine weitere, mittelbar für die Musik bedeutsame Folge: Die London Missionary Society erhielt die Erlaubnis, auf Madagaskar ihre Tätigkeit zu entfalten und nahm diese auch mit voller Kraft auf. Bereits 1835 erschien eine madagassische Bibelübersetzung. Die Missionare, die auch eine rege schulische Tätigkeit entfalteten, brachten ihre Kirchenlieder mit, deren Texte ebenfalls in die Landessprache übersetzt wurden. Diese Lieder erschienen seit 1828 in gedruckten Sammlungen, deren früheste allerdings nicht erhalten sind. Die einheimische Musik und ihre Instrumente wurden von den Missionaren zunächst abgelehnt und bekämpft und drangen erst später auch in die Gebrauchsmusik der Kirche ein.

Nach einem Rückschlag (ab 1835), mit Christenverfolgung und Aussperrung aller Europäer unter Königin Ranavalona I. (1828-1861) konnte die Missionierung aus England und Norwegen (lutheranisch!) fortgesetzt werden. Unter der Schutzmacht Frankreich kamen von dort (ab 1896) weitere sowohl protestantische wie vornehmlich katholische Missionare. Wie in anderen Bereichen wurde angestrebt, den englischen Einfluß zugunsten des französischen zurückzudrängen, und wie die englischen Protestanten brachten auch die französischen Katholiken ihr Musikgut mit. Dieses bestand im kirchlichen Bereich vor allem im lateinischen Choralgesang und auch in Melodien mit französischen Texten. Im Lauf der Zeit drang immer stärker das Madagassische ein, das schließlich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil dominierend wurde.

Das Vordringen der europäischen Musik läßt sich auch an der Einführung von Musikinstrumenten ablesen. 1823 führte eine Missionarsgattin ein Klavier ein, auf dem sie dann auch einheimische adelige Mädchen unterrichtete. Bemerkenswert, daß die österreichische Reisende Ida Pfeiffer sich 1857 auf dem Klavier vor der Königin hören ließ. 1823 ist auch bereits eine Spieluhr bezeugt. Für die Kirchenmusik von Bedeutung ist natürlich die Einführung der Orgel. Nachdem in den Siebzigerjahren die madagassische Königin und ihr Minister das Christentum angenommen hatten, wurde im Zuge der Errichtung einer christlichen Palastkapelle 1880 dort auch eine Orgel errichtet. Ihr folgten weitere Instrumente in anderen katholischen und protestantischen Kirchen.

Die Einführung des Theaters in Madagaskar erfolgte durch Krippen- und Passionsspiele der Missionare. Die Franzosen brachten dann ihr eigenes Theater (mit Feydeau, Labiche u.a.) mit und erbauten 1897-1899 ein eigenes Theatergebäude.

Auch auf dem Gebiet des weltlichen Musizierens ist ein stetiges Eindringen des Europäischen festzustellen. So wurde die madagassische Musizier- und Tanzform des Hira Gasy durch das französische Variété, seit den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts durch die internationale Kommerzmusik (mit elektronischen Instrumenten) überformt.

Als charakteristisches Beispiel für den Einfluß europäischer Musik wird in der Arbeit die madagassische Nationalhymne dargestellt, die einer eingehenden Analyse unterzogen wird. Ihr Autor Norbert Raharisoa gewann mit ihr 1959 einen dafür ausgeschriebenen Wettbewerb. Dem madagassischen Text wird eine Melodie unterlegt, die zu einem großen Teil aus Elementen europäischen Liedgutes übernommen ist.

Marie Aimé Joël HARISON, 1961 in Antananarivo geboren, studierte Musik- und Politikwissenschaft an der Universität Wien. Gleich nach den doppelten Diplomstudien (1997 und 1999) arbeitete er parallel an den Dissertationen über die Musikgeschichte und die Außenpolitik Madagaskars. Er beendete das erste Doktoratsstudium in der Musikwissenschaft im Wintersemester 2001 und wurde am 25. April 2002 zum Doktor der Philosophie promoviert.

Überdies hat er in den Jahren 1991 bis 1996 Kirchenmusik am Diözesankonservatorium für Kirchenmusik der Erzdiözese Wien als ergänzende Ausbildung erfolgreich absolviert.

Derzeit ist er in Wien, wie früher in Madagaskar, als Organist engagiert. Nebenberuflich unterrichtet er madagassische Sprache und hält auch verschiedene Vorträge an der Volkshochschule Brigittenau. Seit Oktober 2003 ist er Trainer für Lerntechnik und Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten am Afro-Asiatischen Institut Wien und seit Studienjahr 2004/2005 Lektor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.

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