Detlef HeckDie Bedeutung raum-zeitlicher Dynamik für die Aktivität des Kleinhirnkortex und die Interpretation seiner Anatomie

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Die Erforschung der Funktion des Kleinhirns beschäftigt Experimentatoren und Theoretiker seit mehr als einem Jahrhundert. Das Kleinhirn ist ein wesentlicher Bestandteil des neuronalen Apparates zur Kontrolle von Körperhaltung und -bewegung.

Bedingt durch die beständige Entwicklung neuer Untersuchungstechniken hat sich das Wissen um Anatomie und Physiologie des Kleinhirns in den letzten drei Jahrzehnten rasant erweitert. Ohne Zweifel ist das Kleinhirn heute eine der am besten untersuchten Strukturen des Wirbeltiergehirns. Das Besondere an dieser Struktur ist die strenge geometrische Anordnung der neuronalen Elemente des Kleinhirnkortex. In der Regelhaftigkeit ihres Aufbaus erinnern sie an einen elektronischen Schaltplan. Seit es Mode geworden ist, Begriffe und Konzepte aus der Computertechnik auf das Gehirn zu übertragen, gab es viele Versuche, den "Schaltplan" des Kleinhirnkortex vor diesem Hintergrund zu deuten. Bis heute ist es jedoch noch nicht gelungen, einen Zusammenhang zwischen der Anatomie und der Physiologie des Kleinhirns und seiner Funktion bei der Kontrolle von Körperbewegung und -haltung herzustellen.

In dieser Untersuchung wird ein neuer Ansatz zum Verständnis des Kleinhirns vorgestellt. Basierend auf der bereits in den fünfziger Jahren veröffentlichten "Flutwellen-Theorie" des Kleinhirns wurden Experimente an lebenden dünnen Schnitten des Kleinhirnkortex durchgeführt. Mit einer speziellen, neu entwickelten Stimulationstechnik wurden die Reaktionen des Kleinhirnkortex auf bisher nicht beachtete raum-zeitliche Eingangsmuster untersucht. Die Ergebnisse bestätigen die Vorhersagen der bisher wenig beachteten Theorie, die seither zunehmend an Interesse gewinnt. Sowohl die "Flutwellen-Theorie" als auch die wichtigsten anderen Kleinhirntheorien werden ausführlich im ersten Teil dieser Arbeit vorgestellt und diskutiert. Der theoretische Zugang und die technische Umsetzung der Experimente, ihre Ergebnisse und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen werden im zweiten Teil detailliert erläutert.