Dissertation: Die Entwicklung der Naturphilosophie Schellings von seinen Platonstudien bis zur Spekulativen Geometrie

Die Entwicklung der Naturphilosophie Schellings von seinen Platonstudien bis zur Spekulativen Geometrie

Die Konstruktionen des Raumes, der Naturkräfte und der Materie in Schellings Naturphilosophie 1794–1802

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BOETHIANA – Forschungsergebnisse zur Philosophie, Band 142

Hamburg , 310 Seiten

ISBN 978-3-8300-9961-1 (Print) |ISBN 978-3-339-09961-7 (eBook)

Zum Inhalt

Schellings frühe Naturphilosophie gehört zu den anstößigsten Kapiteln der Philosophie des Deutschen Idealismus, dies belegt ihre mehr als 200-jährige Rezeptionsgeschichte. Konzipiert während einer Phase wichtiger wissenschaftlicher Entdeckungen, die zur Begründung der Chemie und der Biologie als selbständige naturwissenschaftliche Disziplinen und zur Erweiterung der Physik um die Elektrodynamik führten, hatte die Naturphilosophie zunächst eine Reihe von Anhängern - bis sie binnen weniger Jahre als gründlich widerlegter Irrweg verworfen und bekämpft wurde.

Die auf Experimenten und Mathematisierung beruhenden neuzeitlichen Naturwissenschaften setzten derweil ihren Siegeszug fort. Sie fanden in einer bislang nicht gekannten technischen Naturbeherrschung ihre Bestätigung und lieferten immer umfassendere Erklärungen für bekannte und neu entdeckte Naturerscheinungen, von subatomaren Kräften über immer mehr Lebensprozesse bis hin zum Universum als Ganzem. Der Wettstreit mit der Naturphilosophie, den Schelling selber begonnen, geradezu angezettelt hatte, war offenbar nicht nur schnell, sondern auch nachhaltig entschieden.

Angesichts dieser Bilanz war und ist die Naturphilosophie - anders als andere Teile von Schellings späterer Philosophie, die systematische Anknüpfungen in Theologie und Philosophie gefunden haben - lediglich von philosophie- und wissenschaftshistorischem Interesse. Dieses beschränkte und beschränkt sich bis heute weitgehend auf die engen Zirkel der Schellingforschung, abgesehen von kurzen Versuchen, auf Schellings Konzept der „Selbstorganisation“ zurückzugreifen. An dieser Situation der Naturphilosophie ändert auch das in den letzten zwanzig Jahren deutlich gestiegene Interesse an Schellings gesamter Philosophie nichts, das auch seiner frühen Philosophie einschließlich der Naturphilosophie entgegengebracht wird.

Ungeachtet dessen ist ein besseres Verständnis der Naturphilosophie entscheidend für das Verständnis der Genese und Struktur von Schellings früher Philosophie insgesamt. Denn Schelling hatte seine Naturphilosophie zwar, nachdem er sie auf dem Boden seiner damaligen Transzendentalphilosophie entwickelt hatte, dieser nachträglich entgegengestellt und drei Jahre lang ihre methodische Eigenständigkeit behauptet. Tatsächlich aber ist sie nicht nur ein integraler Bestandteil seiner frühen Philosophie, vielmehr hat Schelling entscheidende Entwicklungen beim Übergang von der Transzendental- zur Identitätsphilosophie zuerst in seinen naturphilosophischen Schriften vollzogen.

Eine Untersuchung von Schellings früher Naturphilosophie hinsichtlich

  • der Prägung durch seine frühen Platonstudien,
  • der Entwicklung seiner Prinzipientheorie,
  • des neu zu bewertenden Verhältnisses zu Baader und
  • seines Mathematik-Verständnisses

betrifft alle seine Werke zwischen 1797 und 1802. Dabei kommen nicht nur einige spezielle Kapitel in Betracht, sondern zum einen all diejenigen Passagen, in denen Schelling den systematischen Aufbau der Naturphilosophie begründet oder rechtfertigt und zum anderen alle Kapitel, in denen er die Konstruktionen der Kräfte, der räumlichen Dimensionen und der Materie vornimmt – sie betrifft mithin jeweils beträchtliche Teile jener Werke.

In dieser Studie wird Schellings Orientierung an der (neu)platonischen Prinzipientheorie offengelegt, auch und gerade in der Mathematik: Schellings ‚Spekulative Geometrie’ ist den Versuchen der philosophischen Grundlegung der antiken Mathematik sehr viel näher, als der analytischen Geometrie und der neuzeitlichen Mathematik.

Damit wird insgesamt deutlich, dass in dem spannungsreichen Verhältnis der Naturphilosophie zu den neuzeitlichen Naturwissenschaften auch das Verhältnis der antiken zur neuzeitlichen Mathematik wirkt. Beachtet man die fundamentalen konzeptionellen Unterschiede zwischen antiker und neuzeitlicher Mathematik, dann erweisen sich die Versuche, einzelne Thesen der Naturphilosophie in Verbindung zu ähnlich erscheinenden Konzepten oder lediglich gleichlautenden Begriffen der modernen mathematisierten Naturwissenschaft zu bringen, als haltlos.

Nicht einzelne, aus ihrem Zusammenhang gerissene Begriffe, sondern - wenn überhaupt - das Grundanliegen von Schellings Naturphilosophie insgesamt kann den modernen Naturwissenschaften gegenübergestellt werden. Mit ihrem Versuch, die Natur als Ganze aus einem Unbedingten zu entwickeln, hat sich die Naturphilosophie einen eigenen Maßstab gewählt, den sie bis heute sowohl den Naturwissenschaften als auch anderen naturphilosophischen Konzepten entgegenhält.

Dieser Maßstab soll in der Studie aus seinen eigenen Ausgangspunkten heraus untersucht werden, und zwar ohne Rücksicht auf seine Erfüllbarkeit.

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