John ZimmermannVon der Bluttat eines Unseligen
Das Attentat Friedrich Adlers und seine Rezeption in der sozialdemokratischen Presse
Studien zur Zeitgeschichte, Band 19
Hamburg 1999, 172 Seiten
ISBN 978-3-8300-0043-3 (Print)
Zum Inhalt
21. Oktober 1916. In ganz Europa wütet der Erste Weltkrieg und fordert täglich abertausende Menschenleben. Auch die „Heimatfront“ bleibt längst nicht verschont.
Einem großen Teil der europäischen Bevölkerung mangelt es immer mehr am nötigsten, viele sterben an Hunger und Krankheit. Dennoch hält gerade bei den Mittelmächten die Mehrheit der politischen Parteien an der Loyalität zu ihren Regierungen fest, obwohl sie jene in diesen Krieg gesteuert haben. Die Arbeiterparteien bilden da keine Ausnahme, wenn auch die Zustimmung zur Burgfriedenspolitik zu bröckeln beginnt.
Während im Deutschen Reich die Divergenzen sogar zur Spaltung der SPD führen, wird dieser Konflikt innerhalb der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs von einem Geschehen überlagert, das in seiner Thematik schon seit jeher integraler Bestandteil politischer Geschichte ist, zu allen Zeiten intensiv diskutiert wurde, und bis heute aktuell geblieben ist - die Frage nach der Legitimität von Gewalt in der Politik.
An jenem Tag im Oktober erschoss Dr. Friedrich Adler, der Sohn des charismatischen Führers der österreichischen Sozialdemokratie, Victor Adler, mitten im Krieg den eigenen Ministerpräsidenten. In seiner legendären Verteidigungsrede vor Gericht legt der „Irrsinnige“ dann die Motive für seine „Bluttat“ dar. Ein Zeichen des Protestes gegen den Krieg sollte es sein, das Fanal zur Rückbesinnung der eigenen Partei auf den Friedenskurs, der vor Ausbruch des Krieges immer propagiert worden war. Weite Teile der kriegsmüden Öffentlichkeit sind begeistert und die Arbeiterpresse reagiert: Ging er für sie noch als „Wahnsinniger“ in den Prozess, so wurde er bereits mit dem Todesurteil zum „Märtyrer“ bei der bald folgenden Begnadigung zu 18 Jahren Kerkerhaft firmierte er dann als „politischer Gefangener“ und als Heroe der Antikriegsbewegung trat er wieder in die Freiheit.
Die juristische Verfolgung dieses politischen Mordes und ihre wechselhafte Reflexion in der Presse bietet wie kaum ein zweites innenpolitisches Ereignis dieser Zeit Einblicke in die Wirrungen und Befindlichkeiten der Menschen in einem politischen System, das mitsamt seiner Gesellschaftsform im Untergang begriffen war.
Unter Auswertung aller Quellenbestände vollzieht das Buch diese Entwicklung anhand der Verbreitung dieses Prozesses in der Tagespresse chronologisch nach. Sowohl profan menschliche wie auch globale Hintergründe werden beleuchtet und erschaffen ein plastisches Bild einer auf den ersten Blick sinnlosen Bluttat und deren Motive, Folgen und Interdependenzen.
Schlagworte
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