Doktorarbeit: Denken und Gesellschaft Chinas im philosophischen und politischen Diskurs der französischen Aufklärung

Denken und Gesellschaft Chinas im philosophischen und politischen Diskurs der französischen Aufklärung

Le Sage chinois au pays des lumières

Buch beschaffen

Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit, Band 25

Hamburg , 340 Seiten

ISBN 978-3-8300-0620-6 (Print)

Zum Inhalt

Die Untersuchung erörtert das philosophische und politische Chinabild, wie es sich in der Literatur der französischen Aufklärung widerspiegelt. Es geht dabei um seine Funktion als realutopisches Gegenbild der Aufklärung, als Projektionsfläche grundlegender aufklärerischer Ideen. Dazu werden zunächst die Quellen der Aufklärer, d. h. in erster Linie die Berichte der Jesuitenmissionare, skizziert. Ihre Kenntnis ermöglicht es einzuschätzen, inwiefern die Aufklärer daraus ein eigenständiges Chinabild entwickelten. Hierbei wird insbesondere auch auf die Auseinandersetzung der Jesuiten mit der chinesischen Chronologie sowie den inner-kirchlichen Konflikt um die Akzeptanz der chinesischen Riten verwiesen.

Anschließend wird die Rezeption des jesuitischen Chinabildes durch die Aufklärung und der damit verbundene Wandel von seiner christlich-religiösen zu einer säkularistischen und politischen Interpretation thematisiert. Dabei zeigt sich zugleich die Spaltung des Chinabildes in das der Anhänger und der Gegner des chinesischen Modells; für die sinophile Richtung steht exemplarisch Voltaire, der auch negative Aspekte Chinas nahtlos in sein Gesamtbild integriert. Demgegenüber vertritt Montesquieu die sinophobe Theorie des "chinesischen Despotismus", die indes von den positiven Aspekten des Chinabildes gesprengt wird. Die - sinophile - physiokratische Interpretation wiederum betont vorwiegend die naturrechtlichen und ökonomischen Aspekte des Chinabildes. Schließlich soll anhand der Position weniger bekannter Aufklärer wie der des Marquis d‘Argens und Boulangers zu China ein ansatzweise repräsentatives Bild der Aufklärung gewonnen werden; gerade ihr teilweise dialektisches Chinabild lässt einige Rückschlüsse auf ihre Position innerhalb der Aufklärung zu.

Daneben geht es in mehrfacher Hinsicht um eine Schwerpunkt-Verlagerung gegenüber der bisherigen Forschung: So wird hier besonders die Frühaufklärung mit ihren libertinistischen Vorläufern in den Blick genommen, um in der Auseinandersetzung mit dem Chinabild ihre Modellfunktion bzw. ihre Kontinuität in Bezug auf die spätere Aufklärung deutlich zu machen. In diesem Kontext wird das Verhältnis des Chinabildes zu den zeitgenössichen Strömungen des Spinozismus und Atheismus schärfer konturiert. Darüber hinaus wird etwa das essentielle Postulat der Toleranz, das von Bayle über Voltaire die gesamte Aufklärung mit bestimmt, in seinem Verhältnis zum Chinabild erörtert. Ebenso wird untersucht, inwiefern sich das Despotismus-Konzept der Aufklärung in seinen Wandlungen und Widersprüchen in der durch das Chinabild angelegten Perspektive verschiebt.

Im Weiteren wird die Rolle der chinesischen Chronologie bei der Relativierung des christlichen Wahrheitsanspruchs und der Säkularisierung des jüdisch-christlichen Weltbildes stärker akzentuiert; zu diesem Themenbereich liegen bislang noch weniger Forschungen vor. Abschließend wird der Kosmopolitismus der Aufklärung und seine Erweiterung in die Sphäre des Historischen, das Konzept einer Universalgeschichte, im Hinblick auf das Chinabild kritisch befragt. Hierbei stehen wiederum die Positionen Montesquieus und Voltaires im Mittelpunkt.

Diese Studie möchte im Sinne einer vergleichenden Ideen- und Kulturgeschichtsforschung zum Verständnis der Aufklärung beitragen. Daneben verfolgt sie insbesondere auch das Ziel, die bisher bereits geleistete Forschung zu ihrem Thema, die naturgemäß v. a. in Frankreich durchgeführt und rezipiert worden ist, für den deutschen Sprachraum stärker zu erschließen.

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