Malte SeluggaStandardisierung und Diversifizierung im kontemporären chinesischen Massenwohnungsbau
Studien zur Stadt- und Verkehrsplanung, Band 5
Hamburg 2005, 554 Seiten
ISBN 978-3-8300-1954-1 (Print)
ISBN 978-3-339-01954-7 (eBook)
Zum Inhalt
Vor rund 25 Jahren wurde unter der Schirmherrschaft Deng Xiaopings eine politische Wende in der Volksrepublik China eingeleitet, in deren Folge sich vor allen Dingen das Gesicht der urbanen Zentren grundlegend veränderte. Die sozialistische Planwirtschaft ersetzte man durch eine ’sozialistische Marktwirtschaft’, in deren Folge China ein in der Geschichte unvergleichliches ’Wirtschaftswunder’, das bis heute anhält, durchlebt. Waren die chinesischen Städte einst bekannt für jenes gleichförmige Grau, was so viele Städte sozialistischer Staaten von Berlin bis Pjöngjang miteinander verband, so ist man in den urbanen Zentren Chinas seit gut zwei Dekaden damit beschäftigt die sichtbaren Oberflächen aller Objekte, angefangen bei jedweder Form von Konsumgüter, über die bauliche Umwelt bis hin zum Menschen selbst, welcher sich zu Maos Zeiten in jenem uniform blauen "Maoanzug" (Zhongshan Zhuang) zu hüllen hatte, zu diversifizieren und in einem grell bunten Farbenzauber erstrahlen zu lassen.
Auf den ersten Blick gleichen die modernen chinesischen Großstädte wie Shanghai, Beijing oder Shenzhen jeder anderen urbanen Agglomeration dieser Welt. Sie scheinen, betrachtet man die Fassaden der jüngsten Wohnbauten, Orte zu sein, an denen Individuen unterschiedlichster Einstellung und Überzeugung residieren und Wohnungen entsprechend ihrer jeweiligen finanziellen Kapazität und ihrer individuellen Vorlieben folgend beziehen. Schillern auch die sichtbaren Oberflächen in allen nur erdenklichen Farben so drängt sich die Frage auf, wie diese Fassaden zu bewerten sind und was sich hinter diesen Fassaden befindet.
Im kontemporären chinesischen Wohnungsbau finden sich zwei in Bereichen entgegengesetzte Parameter. Auf der einen Seite wird aus marktstrategischen Überlegungen heraus mittels der mannigfaltigen Gestaltung der sichtbaren Oberfläche versucht auf einfachste Art und Weise die einzelnen Wohnungsbauprojekte voneinander zu unterscheiden ("Diversifizierung"). Auf der anderen Seite werden heute von verschiedenen "Institutionen", jedoch unter Oberleitung des Staates, Modelle formuliert, die darauf abzielen den gegenwärtigen Status Quo zu erhalten und in deren Folge der allgemeine Massenwohnungsbau weitestgehend vereinheitlicht wird ("Standardisierung").
Vor dem Hintergrund der Diskrepanz zwischen dem Streben nach Einheit auf der einen Seite, und dem Streben nach Diversifizierung auf der anderen, wird in der Studie untersucht, wie der Massenwohnungsbau bzw. der Wohngrundriss im Geschoßwohnungsbau in China auf die Veränderungen der letzen Dekaden (Bevölkerungswachstum/ Urbanisierung/ Wirtschaftsreform/ Wohnungsreform) reagiert hat und ob sich hinter den schillernden Fassaden Raum für die Entwicklung von bedarfsorieniert anpassbaren Grundrissen gefunden hat bzw. findet. Wie sich zeigt beschränkt sich die kreative Freiheit der Bewohner bei der Formulierung ihrer Wohnideale heute zumeist lediglich auf die Gestaltung der Oberflächen innerhalb ihrer Wohnung, die sie im Rohbauzustand erworben haben. Die kreative Partizipation lässt sich weder an der Fassade ablesen noch greift sie in das System des Grundrisses ein.
Schlagworte
ArchitekturBevölkerungswachstumIndividualisierungPolitikwissenschaftStädtebauUrbanisierungWohngrundrissWohnungswesenWohungsbauIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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