Doktorarbeit: Gesellschaftliche Pluralisierung und ihre Konsequenzen für die Kirche

Gesellschaftliche Pluralisierung und ihre Konsequenzen für die Kirche

Eine Studie zur Diskussion um Lebensformen und Vielfalt in Nordelbien

SOCIALIA – Studienreihe soziologische Forschungsergebnisse, Band 75

Hamburg , 348 Seiten

ISBN 978-3-8300-2495-8 (Print)

ISBN 978-3-339-02495-4 (eBook)

Zum Inhalt

Im Mai 2006 hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorgelegt, mit dem ein rechtlicher Rahmen für ein gleichberechtigtes, diskriminierungsfreies gesellschaftliches Miteinander unter den Bedingungen von Individualisierung und Pluralisierung geschaffen werden soll. In weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit wird das Gesetz als Umsetzung von Vorgaben durch die Europäische Union, also eine Entwicklung auf der politischen Makroebene wahrgenommen. Wesentlichen Anteil an seiner Entstehung haben aber auch soziale Bewegungen und Organisationen auf mikro- und mesopolitischer Ebene. In ihrer Entwicklung spiegelt sich zugleich sozialer Wandel, der eine Stärkung individueller Lebensführung mit sich gebracht hat und im öffentlichen Bewusstsein ein Recht auf Vielfalt und Differenz begründet.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat verschiedene Aspekte von Demokratisierung und sozialer Pluralisierung seit den 1970er Jahren intensiv diskutiert und organisationell zu integrieren versucht, etwa die Emanzipation der Frauen oder die Entwicklung einer durch wachsende kulturelle Vielfalt und Wertepluralismus geprägten Gesellschaft. Sie hat zugleich als politischer Akteur eine wichtige gestaltende Rolle gespielt in der Diskussion um eine Verwirklichung von Gerechtigkeit und als Befürworterin politischer Initiativen zum Abbau von Diskriminierung. Kirche sieht sich, wie andere Organisationen auch, vor dem Hintergrund eines im AGG zur Norm geronnenen sozialen Wandels nun selbst vor einer neuen Herausforderung: der Weiterentwicklung ihrer in unterschiedlichen Themenfeldern gesammelten Erfahrungen zu einer kohärenten und zugleich theologisch fundierten Strategie, die einen Blick auf sozialen Wandel und Pluralisierungsphänomene institutionalisiert und so zu einer Kirche gelebter Vielfalt führt.

In seiner Studie analysiert und dokumentiert Christoph Behrens exemplarisch Erfahrungen, welche in einer evangelischen Landeskirche, der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (NEK) im Umgang mit Individualisierung und der Pluralisierung von Lebensformen gesammelt worden sind. Er bezieht hierbei bislang unveröffentlichte Quellen des Kirchenamts zu den kontroversen theologischen Diskussionen in Nordelbien um ein zeitgemäßes Verständnis zentraler Leitmotive evangelischen Denkens wie ’Gerechtigkeit’ ein. Auf seine Analyse von Erfahrungen bei der aktiven Gestaltung sozialen Wandels aufbauend entwickelt der Autor eine Strategie für die Weiterentwicklung der NEK hin zu einer für Vielfalt und Wandel sensiblen Organisation. Dabei verbindet er Konzepte für individuelles und organisationelles Lernen mit der strukturellen Implementierung eines Managing Diversity. Diese Strategie für die Entwicklung hin zu einer Organisation, welche die Herausforderungen einer sich dynamisch weiterentwickelnden modernen Gesellschaft bewältigen kann, ist auch auf andere Kirchen und Organisationen anwendbar.

Das Buch leistet mit seiner interdisziplinären Perspektive einen Beitrag zum Verständnis der Wechselwirkungen von sozialem Wandel auf mikro-, meso- und markosozialer Ebene. Das Organisationsentwicklungskonzept bietet zugleich konkret anwendbare Anregungen für eine produktive Gestaltung von Individualisierung und Pluralisierung innerhalb einer Organisation.

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