: Gäste in Berlin? Jüdisches Schülerleben in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus

Gäste in Berlin? Jüdisches Schülerleben in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus

Buch beschaffen

Studien zur Zeitgeschichte, Band 7

Hamburg , 290 Seiten

ISBN 978-3-86064-443-0 (Print)

Zum Inhalt

Chancen und Grenzen multikulturellen Zusammenlebens sind keine neuartigen Phänomene. Sie haben historische Ursprünge, die Aufschluss über den Zustand der politischen Kultur vermitteln. Am Beispiel jüdischer Schüler/innen in Berlin zur Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus wird der Frage nachgegangen, inwieweit Juden als religiöse bzw. ethnische Minderheit in Gesellschaft und Staat integriert waren und warum ihre Ausgrenzung in der Zeit des Nationalsozialismus so reibungslos vonstatten ging.

Für die Zeit der Weimarer Republik lässt sich eine partielle Integration der jüdischen Bevölkerung und damit auch der jüdischen Schüler feststellen. Konflikte waren zwar vorhanden, konnten jedoch wie bei anderen machtschwächeren Gruppen in begrenztem Umfang gelöst werden. Das änderte sich nach 1933 fundamental, als der Rassismus zentrales staatliches Strukturelement wurde. Untersucht wird bezüglich der Ausgrenzung, was vom Staat aufgezwungen war und was von Seiten der nichtjüdischen Bevölkerung aus eigener Initiative vorangetrieben wurde.

Für das Berliner Judentum wird deutlich, dass sich die von den Nationalsozialisten erwünschte Zwangsvergemeinschaftung nicht auf freiwilliger Basis durchsetzen ließ. Die jüdische Selbstbehauptung ist nicht primär in der Rückbesinnung auf eigene Werte zu suchen, sie zeigt sich vielmehr in der Pluralität jüdischen Lebens, die exemplarisch anhand des breiten religiösen und ideologischen Spektrums der verschiedenen jüdischen Schulen und der sie besuchenden Schüler/innen beschrieben wird.

Die Mehrzahl der jüdischen Jugendlichen konnte auswandern bzw. wurde vertrieben. Anhand der in Berlin zurückgebliebenen jüdischen Schüler/innen wird die Radikalisierung der antijüdischen Politik in den Kriegsjahren beschrieben, die bis zu den Deportationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager reichte. Die besondere Situation der „Mischehen“ und ihrer Kinder verdeutlicht sowohl die Notwendigkeit der Rücksichtnahme der NS-Regierung gegenüber dieser Gruppe als auch die Begrenztheit der vielzitierten „deutsch-jüdischen Symbiose“.

Das Scheitern der Weimarer Republik und nicht zuletzt der Antisemitismus der nichtjüdischen Deutschen führte zur Vertreibung und schließlich zum staatlich organisierten Verwaltungsmassenmord (Hanna Arendt), der das Selbstverständnis der Bundesrepublik nachhaltig beeinflusst hat. Die Beschreibung der differenzierten Positionen auf jüdischer und nichtjüdischer Seite sowie des Versagens der politischen Eliten zum Ende der Weimarer Republik soll eine Einladung sein, sich mit der Vorgeschichte des Massenmordes jenseits moralischer Vorwürfe befassen zu können.

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