Dissertation: Künstlerische Vorstände und Tendenzschutz

Künstlerische Vorstände und Tendenzschutz

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Schriften zum Medienrecht, Band 47

Hamburg , 432 Seiten

ISBN 978-3-8300-9939-0 (Print) |ISBN 978-3-339-09939-6 (eBook)

Zum Inhalt

Künstlerische Vorstände nehmen in Theatern und Orchestern als zusätzliche Arbeitnehmervertretung der Künstler deren spezifische künstlerischen Interessen gegenüber dem Arbeitgeber wahr. Sie sind damit im Medienarbeitsrecht eine bisher kaum bekannte Ausformung der Kunstfreiheit im Bereich des betriebsverfassungsrechtlich besonderes gewährleisteten Tendenzschutzes. Dieser Tendenzschutz soll Arbeitgeber wie Theater und Orchester mit von der Verfassung besonders geschützten künstlerischen Zielsetzungen in der Ausübung ihrer unternehmerischen Freiheit von Mitbestimmungsrechten der Betriebsräte abschirmen.

Mit der Errichtung zusätzlicher Interessenvertretungen in Gestalt von künstlerischen Vorständen im Bühnenbereich haben die dort speziell für das künstlerische Personal zuständigen Tarifparteien neben dem Betriebsrat tariflich besondere Interessenvertretungen geschaffen. In bestimmten Angelegenheiten, wie beispielsweise bei der Auswahl von Musikern oder Gestaltung des Spiel- oder Probenplans, wurde den künstlerischen Vorständen gegenüber dem Intendanten Befugnisse in Gestalt von Mitsprache- und Beratungsrechten eingeräumt. Diese künstlerischen Vorstände werden von den Künstlern jeweils in den einzelnen Sparten (z.B. Chor, Tanz, Orchester) eines Bühnenunternehmens gewählt und nehmen somit im „inneren Kunstbereich“ spezielle kollektive Sparteninteressen wahr.

Dieser Konzeption der „inneren Kunstfreiheit“ liegt demnach ein tarifvertraglich normiertes Konfliktmodell zwischen Bühnenunternehmen und der jeweiligen Spartenvertretung eines Bühnenunternehmens zugrunde, das bisher nur im Pressebereich eine Rolle gespielt und in der juristischen Diskussion Aufmerksamkeit gefunden hat. Die dort vereinbarten sogenannten „Redaktionsstatute“ räumten der Redaktion gegenüber dem Verleger Mitspracherechte ein.

Die Mitbestimmung der Betriebsräte ist bei Bühnenunternehmen wegen des Tendenzschutzes in bestimmten mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten beschränkt. Dadurch sind die Künstler in der Praxis häufig der alleinigen Entscheidung des Intendanten ausgesetzt. Gerade die künstlerischen Vorstände sorgen an Theatern und Orchestern als zusätzlich neben dem Betriebsrat geschaffene Interessenvertretungen für eine Verstärkung der arbeitsvertraglichen Position der Künstler. Diese „künstlerische Mitbestimmung“ steht im Spannungsfeld zur Betriebsverfassung und sonstiger verfassungsrechtlicher Grundprinzipien. Sie wirft gerade vor dem Hintergrund der einfachgesetzlichen Regelung des § 118 im Betriebsverfassungsgesetz und im Lichte der Kunstfreiheit sonst grundgesetzlich getroffener Wertungen schwierige bisher ungeklärte Fragen nach der Zulässigkeit solcher tarifvertraglicher Modifikationen des Tendenzschutzes auf. Eine zusätzliche Dimension erfährt diese Fragestellung noch im Hinblick auf die den Tarifvertragsparteien verfassungsrechtlich im Rahmen der Tarifautonomie speziell eingeräumten Normsetzungsbefugnisse, soweit hierdurch möglicherweise unter dem Gesichtspunkt des Tendenzschutzes unternehmensautonome Entscheidungen von Bühnenunternehmen in unzulässiger Weise eingeschränkt werden.

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