Daphne PetryDie strafrechtliche Rechtfertigung von Soldaten bei Auslandseinsätzen
Tötungs- und Körperverletzungsdelikte in Konflikten, welche die Schwelle zum bewaffneten Konflikt i.S.d. Völkerrechts (noch) nicht überschritten haben
Strafrecht in Forschung und Praxis, Band 345
Hamburg 2017, 238 Seiten
ISBN 978-3-8300-9587-3 (Print)
ISBN 978-3-339-09587-9 (eBook)
Zum Inhalt
Für die einzelnen militärischen Zwangsmaßnahmen von Soldaten bei friedenssichernden Auslandseinsätzen gibt es bisher keine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Sowohl die Resolution des VN-Sicherheitsrates als auch der zustimmende Parlamentsbeschluss bieten aus Sicht der Verfasserin keine ausreichende Rechtsgrundlage für Grundrechtseingriffe durch Akte der Bundeswehrsoldaten bei friedenssichernden Auslandseinsätzen. Sie regeln nur die völkerrechtliche und verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Einsatzes als solchen.
Eine Rechtfertigung über das Humanitäre Völkerrecht kommt nur bei Konflikten, welche die Schwelle zum bewaffneten Konflikt i.S.d. Völkerrechts überschritten haben, in Betracht. Straftatbestandsmäßiges Verhalten deutscher Soldaten bei Einsätzen, die diese Schwelle (noch) nicht überschritten haben, kann jedoch nicht über das Humanitäre Völkerrecht gerechtfertigt werden. Handeln die Soldaten trotzdem im Recht, d.h. kann ihr Handeln gerechtfertigt werden?
Mit dieser Frage beschäftigt sich Daphne Petry und zeigt auf, dass die meisten Situationen militärischer Gewaltanwendung von Bundeswehrsoldaten in Auslandseinsätzen über die allgemeinen Notrechte, insbesondere über den strafrechtlichen Defensivnotstand, gerechtfertigt sein können. Die allgemeinen Notrechte sind dafür entgegen einzelner Meinungen in der Literatur weder systematisch noch sachlich unzureichend.
Einige Situationen militärischer Gewaltanwendung werden bereits durch die Notwehrregelung des § 32 StGB gerechtfertigt sein, wenn die Gewaltanwendung als Reaktion auf einen rechtswidrigen Angriff erfolgt. Für eine Rechtfertigung über die Notwehr ist jedoch erforderlich, dass ein Angriff auch tatsächlich, d.h. unter Zugrundelegung einer objektiven ex-post Betrachtungsweise, vorliegt. Nur so lässt sich die Rigorosität der Notwehrregelung legitimieren.
Ist eine Rechtfertigung über die Notwehr nicht möglich, kann eine Rechtfertigung über den von Menschen ausgelösten Defensivnotstand in Betracht kommen. Beim Defensivnotstand stehen Autonomieprinzip, Solidaritätspflicht und Verantwortlichkeit nebeneinander. Im Einzelfall kann der Defensivnotstand auch eine Tötung rechtfertigen.
Schlagworte
AuslandseinsätzeBewaffneter KonfliktDefensivnotstandHumanitäres AutonomieprinzipKörperverletzungsdeliktMilitärisches HandelnPutativnotwehrRechtfertigungSoldatenTötungsverletzungsdeliktVN-MandatVölkerrechtIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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