Dissertation: Konfrontationsrecht vs. Opferschutz

Konfrontationsrecht vs. Opferschutz

Der Ausbau der Zeugen- und Verletztenschutzrechte im Sinne des rechtspolitischen Zeitgeistes und seine Folgen für die Verteidigungsrechte des Beschuldigten im Strafverfahren am Beispiel des Konfrontationsrechts

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Schriften zum Strafprozessrecht, Band 16

Hamburg , 480 Seiten

ISBN 978-3-8300-9215-5 (Print) |ISBN 978-3-339-09215-1 (eBook)

Zum Inhalt

Zu den essentiellen Elementen eines fairen Strafverfahrens gehört das Recht des Beschuldigten auf Konfrontation mit Belastungszeugen. Dieses in Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK normierte Recht soll den Beschuldigten in die Lage versetzen, die Glaubwürdigkeit von Zeugen, die gegen ihn aussagen, durch eine eigene unmittelbare Befragung in Zweifel zu ziehen. Das Konfrontationsrecht soll sicherstellen, dass Zeugen nicht einseitig von den Strafverfolgungsorganen vernommen werden. Es garantiert der Verteidigung die Möglichkeit, aktiv und effektiv an der Beweiserhebung teilzuhaben, um auf diese Weise Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens zu nehmen.

Durch die unzähligen Reformen der Zeugen- und Opferschutzgesetze der vergangenen drei Jahrzehnte erfahren diese Gewährleistungen jedoch Einschränkungen. Anwesenheits- und Fragerechte, Einsatz von Videotechnik, Entfernung des Angeklagten aus dem Gerichtssaal, Rechte auf anwaltlichen und – ab dem 1.1.2017 auch – psychosozialen Beistand, um nur einige Maßnahmen zu nennen. Sowohl national als auch auf europäischer Ebene steht heute weniger der Schutz des Beschuldigten vor dem Zeugen, sondern vielmehr der Schutz des (Opfer-)Zeugen vor dem Beschuldigten – und vor der belastenden Situation im Gerichtssaal – im Fokus der Öffentlichkeit und des Gesetzgebers. Das schon bisher nur bedingte Gleichgewicht im Strafverfahren wird dadurch – allen Beteuerungen des Gesetzgebers zum Trotz – weiter zulasten des Beschuldigten verschoben. Dabei ist es der Beschuldigte, der bis zum Beweis seiner Schuld eben nur mutmaßliche Täter, der im Strafverfahren die staatliche Strafgewalt zu spüren bekommt; ihm drohen Verurteilung und Strafe und damit ein tiefer Eingriff in seine soziale Existenz.

Das Buch zeigt das Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz von Verletzten und dem Verteidigungsinteresse des Beschuldigten. Es macht deutlich, dass unter dem Deckmantel des Opferschutzes – vielfach ohne empirische Nachweise – der Ausbau der Verletztenstellung (scheinbar) unaufhörlich vorangetrieben wird. Dem aktuellen Zeitgeist folgend, werden Belange des Zeugen- und Opferschutzes mit dem Ziel bemüht, das Strafverfahren straffer zu gestalten. Die damit einhergehende Schwächung von Beschuldigtenrechten, wie dem Konfrontationsrecht, nimmt der Gesetzgeber billigend in Kauf. Dieser rechtsstaatlich bedenklichen Entwicklung setzt auch der EGMR zu wenig entgegen. Nicht zuletzt durch das Urteil der Großen Kammer im Fall Al-Khawaja und Tahery hat der Gerichtshof seinerseits zur Schwächung des Konfrontationsrechts beigetragen.

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