Siriki BagayokoParteien und Parteientwicklung in Mali zwischen 1991 und 1997
POLITICA – Schriftenreihe zur politischen Wissenschaft, Band 108
Hamburg 2016, 400 Seiten
ISBN 978-3-8300-8316-0 (Print)
ISBN 978-3-339-08316-6 (eBook)
Zum Inhalt
Infolge eines Volksaufstandes im März 1991 registrierte die politische Landschaft in Mali die Wiederkehr von Parteien. Diese existierten in Mali seit 1946, aber ihre Entwicklung vollzog sich nicht immer in einem freundlichen Rahmen. War es ein übersichtliches Mehrparteiensystem unter dem Einfluss der Kolonialherrschaft in den 1940er und 1950er Jahren, gab es unter der I. Republik (1960 -1968) zwar ein de jure Mehrparteiensystem, aber de facto ein Einparteiensystem. Der Entwicklung von 1991 ging eine zwei Jahrzehnte lange Entwicklung im ungünstigen Umfeld eines Militärregimes und anschliessend einer Einparteienherrschaft von 1968 bis 1991 voraus.
Die Periode seit 1991 zeichnete sich durch einen Paradigmenwechsel aus, nämlich durch die Einführung der Demokratisierung im Lande. Die Voraussetzungen des politischen Spiels wurden dem politischen und institutionnellen Kontext angepasst und dementprechend kompetitiv gestaltet. Die Verfassung wurde erneuert und andere wichtige Texte zur Regelung des politischen Wettbewerbs, wie die Parteiencharta, wurden ins Leben gerufen. Der politische Wettbewerb war nicht mehr von politischen Unwägbarkeiten abhängig wie in jüngster Vergangenheit. Diese Entwicklung brachte die Institutionalisierung des Mehrparteiensystems in formeller Hinsicht; aber auch in der politischen Praxis mit sich. Die politische Landschaft erlebte mit der Gründung mehrerer Parteien eine rasante Entwicklung, die im politischen Wettbewerb der Parteien und im Kampf um ihre Existenz eine eigene Dynamik entfachte. Damit unterschied sich diese Zeit zur Gesamtperiode vorher. Für die Konsolidierung der Demokratie sollten politische Parteien im politischen Leben wichtige Akteure werden.
Aber eine Beobachtung der Entwicklung des parteipolitischen Wettbewerbs in den ersten Jahren der Demokratisierung zeigte, dass diese beschriebene Dynamik ins Stottern geraten ist. Die Parteien legten Schwächen in ihrer Funktionsweise und politischen Arbeit an den Tag. Die zahlenmäßige Entwicklung von Parteien ging nicht einher mit einer qualitativen Entwicklung. Die Parteien zeigten sich unfähig, wesentliche Funktionen wie Meinungsbildung, Programmfunktion, Mobilisierung von Anhängern, Wahlteilnahme, Aufstellung von Kandidaten, Sensibilisierung der Bevölkerung adäquat wahrzunehmen. Sie zeigten sich unfähig, einen gesunden politischen Wettbewerb zu liefern. Mit anderen Worten konnten sie ihre Funktionen der Repräsentation, der Steuerung, der Legitimation, Sozialisation und Elitenrekrutierung nicht oder sehr unvollständig erfüllen.
Die häufigen Parteigründungen gaben Anlass, sich legitime Fragen über ihren Ursprung, ihre Natur, ihre gesellschaftliche Verankerung und politisches Gewicht zu stellen. Ihre Organisation und Funktionsweise wiesen große Schwächen auf, wie der wenig geprägte ideen- und programmatische Kampf sowie die häufigen Parteispaltungen. Die Beziehungen zwischen den Parteien schienen wenig institutionalisiert, da die politischen Bündnisse sich volatil zeigten und die Verhältnisse zwischen Regierungsmehrheit und Opposition nicht immer eindeutig. Zudem hatte die Demokratisierung neue Phänomene aufkommen lassen, auf die die Polikwissenschaft ihr Interesse richten sollte. Diese sind zum Beispiel das Erscheinen politischer Opposition, des Parlaments und der Wahlen nach vielen Jahren, die erforscht werden sollten.
Die Beschreibung dieser Schwächen und dieser neuen Phänomene wurde bisher nicht systematisch, umfassend und anhand eines politikwissenschaftlichen Ansatzes untersucht. Es bestehen folglich große Forschungs- und Wissenslücken. Bisher vorliegende Forschungsarbeiten behandeln diesen Themenkomplex im Rahmen von Studien über politische Systeme und Demokratisierungsprozesse. Diese Studien zum Thema sind zumeist wenig detailliert, konzentrieren sich auf Einzelaspekte oder aber auf andere zeitliche Perioden. Daraus leitet sich das Interesse ab, die Informationslücken mit diesem Forschungsprojekt zu schließen.
Gegenstand dieser Studie ist es, wichtige Eigenschaften zu Parteien und Parteiensystem in Mali zwischen 1991 und 1997 zu untersuchen.
Die Hauptforschungsfrage lautet welche Entwicklung Parteien und Parteiensystem in der erwähnten Periode genommenhaben?
Um diese Hauptforschungsfrage zu beantworten, nimmt sich der Verfasser folgender Unterfragen an:
- Welche Funktionen haben Parteien erfüllt?
- Wie waren die Parteien organisiert und wie haben sie funktioniert?
- Welche Rolle hat das Parlament wahrgenommen?
- Welche Art von Wahlen findet man in Mali nach vielen Jahren Einparteienherrschaft?
- Welche Rolle hat die Opposition wahrgenommen?
- Welche Rolle haben Koalitionen gehabt?
Seit den 1940er Jahren hat die politische Geschichte des Landes gezeigt, dass Mali das Mehrparteiensystem wie ab 1991 nicht gekannt hat. Demokratie und Mehrparteiensystem haben zwar existiert, aber immer mit Interferenzen. Von der Gründung der Parteien von 1946 bis 1956 war das Parteiensystem unter starkem Einfluss der Kolonialherrschaft. Unter der I. Republik hatte wohl das Mehrparteiensystem formal existiert und in der Verfassung verankert, aber der Regierungspartei gelang es, alle Parteien freiwillig oder nicht, allen voran ihren größten Konkurrenten, zu kooptieren. In der Periode von 1968 bis 1974 war unter dem Militärregime keine Partei zugelassen worden, das gleiche galt für die Periode von 1974 bis 1991, in der nur eine Partei existieren und kannte nun eine echte Demokratie, in der alle universellen Kriterien diesbezüglich respektiert werden.
Die Auswahl der Untersuchungsperiode erklärt sich dementsprechend aus dem Wunsch, die Parteien und das Parteiensystem in den Anfangsjahren der Einführung der Demokratie zu untersuchen.
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Schlagworte
DemokratieKoalitionenMaliParlamentParteienParteiorganisationPolitische OppositionWahlenWettbewerbsverhalten von ParteienIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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