Forschungsarbeit: Der Reiz der Architekturzeichnung

Der Reiz der Architekturzeichnung

Zwei Vorlesungen über die Kunst des architektonischen Zeichnens

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EX ARCHITECTURA – Schriften zu Architektur, Städtebau und Baugeschichte, Band 13

Hamburg , 120 Seiten

ISBN 978-3-8300-7864-7 (Print) |ISBN 978-3-339-07864-3 (eBook)

Zum Inhalt

Giorgio Vasari berichtet in Vita di Paolo Uccello, dass sich letzterer gewöhnlich bis tief in die Nacht in seiner Schreibstube aufhielt, um „die Termini der Perspektive“ zu finden. Und dass er, wenn ihn seine Frau aufforderte, sich zu ihr zu legen, unbeirrt mit dem Zeichnen fortfuhr und dabei wie hingerissen seufzte: „Oh, wie bezaubernd ist doch diese Perspektive!“

Über ihren Wahrheitsgehalt hinaus ist die Anekdote inzwischen in die Geschichte eingegangen, dies auch dank Vasaris Bestätigung, und zwar genau dort, wo er in der Biographie abschließend urteilt, dass gerade wegen der schlaflosen Nächte von Paolo Uccello die perspektivische Kunst „denen lieb und nützlich war, die sich nach ihm in ihr übten“: von Piero della Francesca bis hin zu Leonardo da Vinci. Indem sie unter der Ägide der Liebe zur Zeichnung das Studium der Zeichnung und die Lehre der Zeichnung miteinander verschmolzen.

Und vielleicht gerade um dieses untrennbare Band (außer die Aktualität) hervorzuheben, wage ich es nach dreißig Jahren Lehrtätigkeit und Forschung, ein „fiduziarisches Netz“ für das neue Jahrtausend zu bestimmen, indem ich offen (aber ohne die Forderung nach Vollständigkeit) meinen Standpunkt über die Zukunft der Zeichnung darlege. Auf diese Weise habe ich den Entwurf von zwei virtuellen Vorreden miteinander verbunden (die ich in Wirklichkeit nie gehalten, aber auf Kurse an der Universität bezogen sind, die ich tatsächlich gehalten habe), mit dem Ziel, die Gründe hervorzuheben, warum Architekten weiter zeichnen, Vorreden, in die ich meine ganze Leidenschaft gesetzt und in denen ich mein gesamtes Wissen konzentriert habe:

Die erste richtet sich an die Studenten in einem imaginären Kurs über „automatisches Zeichnen“, wo ich die Bestimmungen der manuellen Zeichnung gegenüber dem Siegeszug der elektronischen Medien recherchiere (und die entscheidende Rolle der Skizze als Verbindungsstelle zwischen Gedanken und Werk in der Anfangsphase des Projekts geltend mache); die zweite wendet sich an die Studenten eines ebenfalls imaginären Kurses über „Detaillierte Darstellung der Architektur“, in dem ich die Bedeutung der Messung im Zeitalter des Laser Scanners und des Global Positioning System untersuche (und dabei die Sterilität der Techniken hervorhebe, die die metrische Genauigkeit gegenüber der kulturellen Wirksamkeit privilegiert).

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob die angewandten Bezüge in den zwei Vorlesungen zutreffend sind, und noch weniger weiß ich, ob die gewählte rhetorische Organisation angemessen ist. Aber sicher weiß ich, dass die vertretene These (im Grunde immer dieselbe) keine utopische ist, denn zahlreiche Anzeichen lassen vermuten, dass die Zeichnung ihre Rolle als Eckpfeiler der Architektur auch im digitalen Zeitalter bewahren und im Schöpfungsakt ebenso wie im kognitiven Akt noch mehr zur privilegierten Gedankenform aufsteigen wird. So wie es die Vorstudien von Aldo Rossi bezeugen, demgegenüber es noch nicht einmal einem großen Zeichner wie Paolo Portoghesi gelang, die eigene Bewunderung zu verhehlen, indem er die Verse von Libero de Libero deklamierte: „Aus dem Nichts, das ich war, machtest du mir das Geschenk einer zu sein, der dich ansieht.“

Auch wenn beide Vorbemerkungen mit wortwörtlichen Zitaten durchsetzt und wiederholt mit ikonographischen Andeutungen glossiert sind, ist es kein Zufall, dass die gewählte verlegerische Aufmachung, die den beschwörenden Ton alter Hintertreppenromane imitiert (die in der Fantasie des Lesers die Vertiefung und die Veranschaulichung der Protagonisten verlangten), von keinen Fußnoten und vor allem von keinen Illustrationen begleitet ist.

Gerade weil mir das Los von Zeichnung – Gedanken am Herzen liegt, fühle ich mich von dem horror pleni der Essays immer mehr angewidert, in denen die Beiläufigkeit der Kommentare von der Zentralität der Proposition und von den Werbespots ablenkt, die viel sagen und wenig (oder gar nichts) mitteilen. Stattdessen bin ich immer empfindsamer gegenüber dem strengen Verweis von William Wordsworth: „Schluss mit dem nichtswürdigen Übermaß von bemalten Seiten! Das Auge wird jetzt alles sein und die Zunge und das Ohr nichts?“

Ihr Werk im Verlag Dr. Kovač

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