Dissertation: Unikales Bildprogramm – Herkömmliche Textgattung

Unikales Bildprogramm – Herkömmliche Textgattung

Eine illustrierte Gebetbuchhandschrift in Pannonhalma im Kontext der Frömmigkeitspraxis des 17. Jahrhunderts

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Schriften zur Literaturgeschichte, Band 18

Hamburg , 382 Seiten

ISBN 978-3-8300-6755-9 (Print) |ISBN 978-3-339-06755-5 (eBook)

Zum Inhalt

Wien, Königinkloster, 1640: Drei Klarissinnen gestalten ein kleines, 50 x 70 mm großes Gebetbuch. Schwester Beatrix entwirft das ganze Konzept, verfasst die Meditationstexte und legt auch die Illustrationen fest. Schwester Anna von Thanhausen überträgt die Gebete in gotischer Schrift auf das Pergament des Büchleins, Schwester Leonora Jergerin malt die Bilder. Sie bearbeiten das Thema der Passion Christi als ,horologium passionis‘. Dabei werden die frei formulierten Gebetstexte über die Leidensszenen Christi mit den 24 Stunden des Tages und der Nacht verbunden und mit ganzseitigen Bildern und bewohnten Initialen ergänzt. Letztere folgen jedoch nicht der herkömmlichen christlichen Ikonografie, sondern stellen die Passionsszenen meist durch allegorische Tierfiguren dar: Für Jesus stehen zum Beispiel das Lamm, der Phönix und der Pelikan, für Pilatus ein Bär und für Herodes ein Fuchs. Neben der Inszenierung der einzelnen biblischen Geschehnisse führen die Illustrationen den Beter in einen höheren Deutungshorizont, worin die allegorischen Tiere Tugenden und Laster verkörpern. Diese lassen sich mithilfe der traditionellen Ikonografie erschließen.

Durch die ausführliche interdisziplinäre Untersuchung dieses kleinen, heute in der Benediktinererzabtei St. Martin in Pannonhalma (Ungarn) aufbewahrten Codex begegnet der Leser einer seitens der Germanistik wie auch der Kunstgeschichte bislang kaum beachteten deutsch­sprachigen illustrierten Handschrift, die Einblick in die Frömmigkeitspraxis weiblicher Religiosen des 17. Jahrhunderts gewährt. Fachleute wie interessierte Laien werden in die spannende Entstehungsgeschichte und die Deutung des Bild-Text-Zusammenhangs des kleinen Gebetbuchs eingeführt. Da sich konkrete literarische und/oder ikonografische Vorlagen nicht nennen lassen, werden im Kontext der möglichen Quellen und Anregungen sowohl die Gattung ,geistliche Uhren‘ als auch ihre Untergattung ,horologium passionis‘ sowie Lasterkataloge der Frühen Neuzeit an mehreren Beispielen demonstriert. Der letzte Teil des Buches führt die Leser in das Phänomen der illustrierten deutschsprachigen Gebetbuchhandschriften des 17. Jahrhunderts ein. Vor diesem Hintergrund ist das Gesamtkonzept und die Einzigartigkeit des Pannonhalmaer Gebetbuchs abseits des literar- und kunsthistorischen Kanons besser zu verstehen. Der Bildanhang bietet vielfältiges Anschauungsmaterial.

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