Marco Canipa-ValdezWeiterentwicklung der Rechnungslegungsregulierung in der Europäischen Union
Eine empirische Analyse zur Informationsqualität der Nutzung von IFRS-Wahlrechten bei börsennotierten EU-Kapitalgesellschaften
Internationale Rechnungslegung, Band 22
Hamburg 2010, 672 Seiten
ISBN 978-3-8300-5341-5 (Print)
ISBN 978-3-339-05341-1 (eBook)
Zum Inhalt
Vor dem Hintergrund der ausgeprägten Bestrebungen innerhalb der EU zur Harmonisierung der Rechnungslegungsvorschriften fokussiert das Werk die Fragestellung, inwieweit mit der durch die IAS-Verordnung in sekundäres Gemeinschaftsrecht transferierten IFRS-Normen ein optimaler Regulierungsgrad der EU-Konzernrechnungslegung bereits erreicht wurde. Dazu zeigen die ersten beiden Hauptteile jene Problemfelder der implementierten EU-Regulierungsmechanismen und des originären IFRS-Regelwerks auf, die zu einer uneinheitlichen Anwendung von IFRS-Normen durch die europäischen Rechnungsleger und damit zu einer Gefährdung des Generalziels der IAS-Verordnung der „Sicherstellung eines hohen Grads an Transparenz und Vergleichbarkeit der EU-Konzernabschlüsse“ führen können. Demnach sind die Problemfelder der EU-Regulierungsmechanismen insbesondere in dem durch die IAS-Verordnung eingeführten EU-Endorsementverfahren (sog. „Komitologieverfahren“) begründet und manifestieren sich in seinem zeitlich nachgelagerten Charakter, in der Erweiterung des Ablehnungskatalogs bzw. in der Einführung eines stringenten Vetorechts für das Parlament sowie in dem nicht vollumfänglichen Einbezug der vom IASB veröffentlichten IFRS-Normen (Gefahr der Entstehung von EU-IFRS). Das Gefahrenpotential des originären IFRS-Regelwerks für eine uneinheitliche Anwendung von IFRS-Normen in der EU zeigt sich dagegen in seinen zahlreichen Regelungslücken und –unschärfen (explizite, quasiimplizite und implizite IFRS-Wahlrechte). Die Fair Value Ermittlung als quasiimplizites Wahlrecht und die damit verbundenen Auslegungsspielräume für die europäischen Rechnungsleger sind hierbei von besonderer Bedeutung. Ergänzend wird das Potential der im IFRS-Regelwerk implementierten Prinzipien (sog. „Principles Based Approach“) untersucht, jene Auslegungsspielräume einzugrenzen. Für die Verifizierung eines defizitären Regulierungsgrads der EU-Konzernrechnungslegung folgt im Dritten Hauptteil eine empirische Analyse zur Informationsqualität der Nutzung von IFRS-Wahlrechten im Konzernabschluss kapitalmarktorientierter EU-Unternehmen, in der insbesondere die Bereitstellung anhangspezifischer Informationen zur Nutzung von quasiimpliziten Wahlrechten (Fair Value Ermittlung) im Fokus steht. Grundgesamtheit dieser breit angelegten empirischen Erhebung bilden sowohl konsolidierte Abschlüsse deutscher und spanischer DAX- bzw. IBEX-Konzerne (als klassische Vertreter der kontinentaleuropäischen Rechnungsleger) als auch konsolidierte Abschlüsse englischer FTSE-Konzerne (als klassische Vertreter der angelsächsischen Rechnungsleger). Im Vierten Hauptteil gilt es auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse, Lösungsansätze zur Optimierung der Konzernrechnungslegungsregulierung in der EU zu entwickeln. Als zentraler Lösungsansatz dient die Entwicklung eines neuen proaktiven EU-Regulierungsinstruments. Das sog. „Pre-EU-Endorsement“ kann einen Beitrag leisten, die eingangs erwähnten Problemfelder der EU-Regulierungsmechanismen und des originären IFRS-Regelwerks zu mindern, indem es den europäischen Einfluss auf den Normentwicklungsprozess durch den IASB intensiviert und gleichzeitig zu einem zeitverkürzten EU-Endorsementverfahren führt. Im Rahmen einer auf den Ebenen des Normgebers, des Einzeladressaten, des Rechnungslegenden und des Abschlussprüfers zusätzlich durchgeführten Kosten-Nutzen-Analyse kann zudem aufgezeigt werden, dass der mit der Einführung eines Pre-EU-Endorsement verbundene Nutzen die korrespondierenden Kosten im Ergebnis überwiegt. Um die uneinheitliche Anwendung von IFRS-Normen in der EU auf ein vertretbares Maß zu reduzieren, bedarf es jedoch nicht nur rechnungslegungsspezifischer, sondern auch weiterer flankierender Maßnahmen in der EU-Abschlussprüfungsregulierung sowie im EU-Enforcement. Das mit der Neufassung der Abschlussprüferrichtlinie verfolgte Ziel der Harmonisierung der Abschlussprüfung in der EU beinhaltet als bedeutendste Maßnahme die Einführung der ISA, auf deren Grundlage künftige Abschlussprüfungen verpflichtend durchzuführen sind. Die technischen Bestimmungen der Abschlussprüferrichtlinie sehen in Analogie zum IFRS-Endorsement auch für das ISA-Endorsement die Anwendung des sog. „Komitologieverfahrens“ vor. Die Begründung für die Einführung eines Pre-EU-Endorsement von ISA-Normen fußt sodann auf der Tatsache, dass Aufbau und Ablauf beider Verfahren sowie die daraus resultierenden Gefahrenpotentiale für das Generalziel der IAS-Verordnung große Übereinstimmungen aufweisen. Zudem erweist sich die Einführung eines Pre-EU-Endorsement von ISA-Normen als besonders geeignet, da die EU-Regulierungsmechanismen der Abschlussprüfung noch keine proaktiven Elemente und demnach noch keine Mechanismen zur Durchsetzung europäischer Interessen während des IAASB-Normentwicklungsprozesses beinhalten. Auch ist es möglich, die Kosten-Nutzen Abwägungen für die Einführung eines Pre-EU-Endorsement von IFRS-Normen weitestgehend zu übertragen. Mit der Darstellung der derzeitigen Ausgestaltung des sekundären Enforcement in der EU sowie der Notwendigkeit eines reformierten Ansatzes hinsichtlich der einheitlichen Durchsetzung von IFRS-Normen innerhalb der EU sowie hinsichtlich eines zusätzlichen Durchsetzungsmechanismusses europäischer Interessen gegenüber dem IASB und der SEC schließt diese Untersuchung.
Schlagworte
AbschlussprüfungAnhangangabenBetriebswirtschaftslehreEndorsementEnforcementIAS-VerordnungIFRSIFRS-PrinzipienIFRS-WahlrechteISAKomitologieverfahrenRechnungslegungsregulierungVergleichbarkeitIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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