Dissertation: Der Schleier – Zu Bildern und Verfahren in der Musik des 15. und 16. Jahrhunderts

Der Schleier – Zu Bildern und Verfahren in der Musik des 15. und 16. Jahrhunderts

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Studien zur Musikwissenschaft, Band 14

Hamburg , 618 Seiten

ISBN 978-3-8300-3951-8 (Print) |ISBN 978-3-339-03951-4 (eBook)

Zum Inhalt

Die Untersuchung nimmt ihren Ausgang von einem Phänomen, das in den vergangenen Jahren kulturwissenschaftlich immer eingehender reflektiert und schließlich zu einem eigenen Forschungsbereich wurde. Die Musikwissenschaft beteiligte sich bislang nicht an entsprechenden Diskussionen. Schleier, Ver- und Entschleierung sind jedoch spätestens seit Beginn der Neuzeit in Dichtung, Rhetorik, Bildender Kunst und nicht zuletzt in neoplatonistischen Vorstellungen derart präsent, dass ein folgenloses Vorüberziehen am musikalischen Diskurs unwahrscheinlich ist.

Ein wortgeschichtlicher Überblick hilft Einsatz- und Bedeutungsfelder des Schleiers aufzuzeigen. Im Anschluss daran werden Schleierbilder und -techniken aus den genannten Diskursen skizziert und vor allem strukturell zu erfassen versucht.

Hierauf stützt sich die musikalische Analyse, in deren Mittelpunkt die Petrarca-Madrigale von Orlando di Lasso stehen. Die große Sensibilität für Sprache und deren Bedeutungsebenen zeigt sich auch in Lassos Kompositionen und fällt oftmals explizit mit Thematisierungen des velo zusammen. In den Lagrime di San Pietro lässt sich anhand der unterschiedlich weit reichenden Blicke der menschlichen und der göttlichen Augen in der Musik ein Pendant für verschleiertes und entschleiertes Sehen konstatieren. "Augenmusik" erhält hier eine ganz eigene Komplexität, in deren Folge eine Neubestimmung des Terminus unerlässlich wird.

In den Petrarca-Vertonungen von Giovanni Pierluigi da Palestrina ist der Umgang mit Wolken, Nebeln und Lichtkontrasten aufschlussreich. Die Vertonung von Vorgängen, welche das Abbilden oder das Erstellen von Skulpturen thematisieren, zeigt Parallelen zu Schleiern der Bildenden Kunst auf. Dies lässt sich in Einzelmadrigalen und etwa auch in Palestrinas Zyklus Pace non trovo verfolgen.

Schließlich werden Verknüpfungsmöglichkeiten von Text und Musik reflektiert, die im Zeichen von obscuritas stehen. So zeigt sich, dass musikalische Kryptologie auf ganz andere Weise mit der Bedeutung musikalischer Zeichen spielt als Rätselkanons. Hier nämlich entsteht Dunkelheit durch eine mehrschichtige Verwebung unterschiedlicher Diskurse und ihrer Zeichen. Die eigentlich gemeinte Fassung des Kanons wurde vom Komponisten hinter einem komplexen Beziehungssystem von Text, (Noten-)Bild und Musik verborgen, das vom Rezipienten in der resolutio enthüllt werden muss. Rätselkanons lassen erahnen, wie vielfältig und vielgestaltig auch die Musik Ver- und Entschleierung inszenieren kann.

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