Eike FrenzelVom Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten zur Gesamtdeutschen Partei
Aufstieg und Niedergang einer Interessenpartei in Niedersachsen 1950-1963
Studien zur Zeitgeschichte, Band 67
Hamburg 2008, 458 Seiten
ISBN 978-3-8300-3587-9 (Print)
ISBN 978-3-339-03587-5 (eBook)
Zum Inhalt
Es dauerte fünf Jahre, bis die Alliierten ihr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg verhängtes Verbot für die Gründung von politischen Organisationen von Vertriebenen in Westdeutschland zunächst lockerten und schließlich ganz aufhoben: 1950 entstand daraufhin nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins auch in Niedersachsen ein Landesverband des Block(s) der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE). Bereits während seiner ersten Teilnahme an Landtagswahlen 1951 gelang dem BHE hier der Einzug in den Landtag. Mit Ausnahme einer zweijährigen Oppositionszeit (1957-1959) blieb die Partei in Niedersachsen bis 1963 an der Regierungsmacht beteiligt, ehe sie in der Bedeutungslosigkeit verschwand.
Der Verfasser nimmt sich der Geschichte und Entwicklung des niedersächsischen BHE bzw. seiner Nachfolgeorganisation, der Gesamtdeutschen Partei (GDP) in diesem Zeitraum an. Als einer der mitgliederstärksten Organisationen der später ins Leben gerufenen Bundespartei kam dem niedersächsischen BHE in vielerlei Hinsicht eine besondere Rolle zu: So führten die spezifischen politischen Rahmenbedingungen Niedersachsens dazu, dass der BHE hier trotz der mehrheitlich konservativen Grundausrichtung seiner Mitglieder und im Gegensatz zu den anderen großen Landeverbänden mit der SPD koalierte. Obwohl der BHE in erster Linie als Partei auftrat, die sich der sozioökonomischen Interessen der Vertriebenen annahm, ließen sich vor allem in Niedersachsen frühzeitig Versuche erkennen, die Partei stärker im nationalkonservativen Spektrum zu positionieren. Aus dieser Haltung heraus entwickelte sich der niedersächsische Landesverband zur größten parteiinternen Opposition gegenüber dem BHE-Bundesvorsitzenden Waldemar Kraft, der Mitte der 1950er Jahre auf den außenpolitischen Westkurs Konrad Adenauers eingeschwenkt war. Aus der daraufhin folgenden Parteikrise ging der niedersächsische Landesvorsitzende Friedrich von Kessel als neuer Bundesvorsitzender hervor, der versuchte, den angeschlagenen BHE als nationalorientierte Partei wiederzubeleben.
Während der BHE bereits ab 1957 auf Bundesebene praktisch jeglichen Einfluss eingebüßt hatte, bemühte sich der niedersächsische Landesverband mit verschiedenen Bündnispartnern gegen die drohende Marginalisierung zwischen den Blöcken von CDU und SPD zu wehren. Auf diese Weise erfolgte auch in Niedersachsen die Annährung an die Deutsche Partei (DP), die 1961 schließlich in der Fusion beider Parteien zur GDP mündete.
Der Verlauf der Geschichte des niedersächsischen BHE bzw. der GDP veranschaulicht nicht nur, mit welchen Unzulänglichkeiten Kleinparteien allgemein und im Zuge der Parteienkonzentration zum Ende der 1950er Jahre speziell zu kämpfen hatten. Er gibt auch Aufschluss über die politische Integration der Vertriebenen in die etablierten Parteien der Bundesrepublik, insbesondere die CDU.
Schlagworte
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