Benedikt van SpykVertragstheorie und Völkerrecht im Werk des Hugo Grotius
Unter besonderer Berücksichtigung von „De iure belli ac pacis“ (1625)
Schriften zur Rechts- und Staatsphilosophie, Band 7
Hamburg 2005, 114 Seiten
ISBN 978-3-8300-1848-3 (Print)
Zum Inhalt
Kant verspottete ihn als leidigen Tröster. Rousseau bezichtigte ihn offen der Kollaboration mit den Tyrannen seiner Zeit. In der wissenschaftlichen Literatur hat sich inzwischen die Meinung durchgesetzt, dass Hugo Grotius inhaltlich nicht über seine Vorläufer hinausgekommen ist. Heute wird der einst so hoch gepriesene holländische Gelehrte weder als Vater des modernen Völkerrechts noch als Begründer des profanen Naturrechts anerkannt. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsdenken Grotius’ scheint damit einer besonderen Begründungspflicht zu unterliegen.
Nach Auffassung des Autors wurde ein zentraler Aspekt des Rechtsdenkens von Grotius in den Diskussionen über die Originalität seines Werks weitgehend ausser Acht gelassen. Indem sich pacisci mit "übereinkommen" und "vereinbaren" übersetzen lässt, kommt dieser Aspekt bereits im Titel des Werks De iure belli ac pacis (IBP) prominent zum Ausdruck. Der Vertragsgedanke erweist sich sowohl für die inhaltliche wie auch für die methodische Kohärenz des grotianischen Rechtsdenkens als grundlegend. Auf der inhaltlichen Ebene stellt der Vertrag das eigentliche Bindeglied zwischen dem von Grotius dargestellten Naturrecht und dem Völkerrecht dar. Methodisch deutet der Gedanke der Verständigung und der Übereinkunft auf den Versuch Grotius’ hin, das Recht nicht mehr aus logisch zwingenden Sätzen ableiten zu wollen. Im Sinne der aristotelischen Topik begnügt sich seine Argumentation mit plausiblen und im Diskurs anerkannten Sätzen.
Die drei bisher in der Literatur meist isoliert behandelten Elemente des grotianischen Rechtssystems, das Naturrecht, das Völkerrecht und der Vertragsgedanke, werden in der vorliegenden Studie zusammengeführt und ihr methodischer und inhaltlicher Zusammenhang wird aufgezeigt. Der Autor untersucht in einem ersten Schritt die historischen und biographischen Umstände, unter denen IBP entstanden ist, um daraus die Zielsetzung und Motivation abzuleiten, die Grotius seinem Werk zu Grunde gelegt hat. Deren Kenntnis sind eine Voraussetzung für das Verständnis der grotianischen Völkerrechtslehre. Im ersten Abschnitt des Hauptteils wird der Völkerrechtsbegriff Grotius’ möglichst gründlich untersucht, um die methodischen Herausforderungen zu erfassen, die mit der grotianischen Völkerrechtskonzeption verbunden sind. Aus der Darstellung der Systematik des kontraktualistischen Arguments und seiner modernen Ausgestaltung sollen anschliessend die Kriterien erarbeitet werden, an denen die vertragstheoretische Argumentation von Grotius gemessen werden kann. Im zweiten Abschnitt des Hauptteils werden an Hand der Systematik des kontraktualistischen Arguments die methodischen Elemente dargestellt, mit denen Grotius den Anforderungen seiner Völkerrechtskonzeption gerecht werden will. Dabei gilt es insbesondere, das Verhältnis zwischen der naturrechtlichen und der vertragstheoretischen Argumentation zu klären. In den Schlussbetrachtungen wird der Versuch gewagt, auf Grund der vorangegangenen Darstellungen den Wert der grotianischen Methode für die aktuelle Normbegründungsdebatte abzuschätzen.
Schlagworte
GeschichtswissenschaftHugo GrotiusKontraktualistisches ArgumentNaturrechtNiederlandeOtfried HöffeTopikVertragstheorieVölkerrechtIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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