Claudia PötterMutter-Kind-Beziehung und Sprachentwicklung
Die Bedeutung des Mutterischen für die frühkindliche Sprachentwicklung
PHILOLOGIA – Sprachwissenschaftliche Forschungsergebnisse, Band 61
Hamburg 2004, 486 Seiten
ISBN 978-3-8300-1429-4 (Print)
ISBN 978-3-339-01429-0 (eBook)
Zum Inhalt
Für Außenstehende mag es befremdend klingen, wenn Mütter mit ihren Kleinkindern sprechen. Landläufig vermutet wohl niemand hinter solchen rhythmisch skandierenden Sätzen, die dazu noch mit erhobener Stimme intoniert werden, eine implizite Lehrstrategie. Nicht selten trifft dieses mütterliche Sprachverhalten auf Belustigung, Skepsis oder sogar argwöhnischer Kritik.
Die Arbeit macht es sich zur Aufgabe, das im deutschsprachigen Forschungsraum weniger als im angelsächsischen fokussierte Untersuchungsfeld des „Mutterischen“ (Analogiebildung zu motherese) durch einen eigenen empirischen Beitrag zu bereichern.
Im Zentrum aller Betrachtungen zum Mutterischen steht der Spracherwerb als in dem allgemeinen Sozialisationsprozeß eingebettetes Phänomen, wobei besonderes Gewicht auf die vergleichende Gegenüberstellung von sprachlichen und außersprachlichen Sozialisationskontexten gelegt wird. Den empirischen Teil konzipiert die Verfasserin als eine Longitudinalstudie, welche von folgenden Fragen geleitet ist:
1.Welche Besonderheiten weist die Sprache der Mütter auf
2.Gibt es Indikatoren für den Einfluß des Mutterischen auf den
Spracherwerb des Kindes?
3.Welchen Einfluß hat die Mutter-Kind-Interaktion auf den kindlichen
Spracherwerb?
Um diese Fragen beantworten zu können, wurden verschiedene Kategorien gebildet nach denen die Mutter-Kind-Interaktion untersucht wurde (maternale Nachahmungen, Reformulierungen, Expansionen, Extensionen, maternale Fragen, syntaktische Vereinfachungen, verbale und nonverbale Referenzen, maternales Lob und maternale Aufforderungen).
Im Schlußkapitel steht ein innovatives Modell des Mutterischen, es zeigt, daß die Mutter-Kind-Interaktion als ein dyadisch-prozessuales Geschehen aufzufassen ist. Die Internalisation des Dialogischen bildet die Grundlage, auf der das Kind lernt, Fragen zu stellen, Antworten zu geben und sich fortschreitend - bis zum Erreichen kulturell konventionalisierter formalsprachlicher Standards - auf Redebeiträge seines Gegenübers zu beziehen. Die konstituive Funktion der sprachlichen Umwelt ergibt sich daraus, daß das Kind Sprache nur im kommunikativen Miteinander mit einer Bezugsperson erwerben kann. Anfangs ist sie diejenige, die Handlung induziert; doch mit zunehmender sprachlicher Aktivität des Kindes wird die Verteilung paritätischer, so daß es zu vielfältigen interaktionalen Situationen kommen kann, in denen der Mutter kaum mehr als eine moderierende Funktion zukommt. So löst das Kind mit seinen interaktiven Fähigkeiten bei der Mutter ein bestimmtes Verhalten aus, welches wiederum Einfluß auf die sprachliche Entwicklung des Kindes nimmt. Ein essentieller Aspekt der dyadischen Kommunikation ist daher in der mutuellen Abstimmung der beiden Interaktionspartner zu. Sind mütterlicher Input und kindliches Lernvermögen gut aufeinander abgestimmt, verläuft der Spracherwerbsprozeß erfolgreich.
Schlagworte
DyadenmodellIntuitive DidaktikLinguistikMothereseMutter-Kind-InteraktionMutterischNonverbale KommunikationSprachentwicklungSpracherwerbsmodelleSprachwissenschaftIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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