Judith RiedeDer Bildnisschutz in Deutschland und den USA unter spezieller Berücksichtigung der Person der Zeitgeschichte bzw. der public figure
Studien zur Rechtswissenschaft, Band 57
Hamburg 2000, 392 Seiten
ISBN 978-3-8300-0170-6 (Print)
Zum Inhalt
Die Figur der absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte ist seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Rechtsprechung zum Recht am eigenen Bild. Dennoch konnte man gerade in jüngster Zeit verstärkt Kritik an dieser Rechtsfigur vernehmen. Die Lehre von der absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte führe dazu, so lautet der Vorwurf, dass ein berechtigtes, gar überwiegendes öffentliches Informationsinteresse automatisch unterstellt werden, wenn eine Person, die zuvor einmal als sogenannte absolute Person der Zeitgeschichte eingeordnet wurde, auf einem Bildnis zu sehen ist, ohne dass im konkreten Fall geprüft werden, worin ein berechtigtes Informationsinteresse bestehe.
Die Arbeit zeigt auf, dass der Vorwurf eines solchen „Automatismus“ nicht gerechtfertigt erscheint. Die Analyse der Rechtsprechung zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verdeutlicht, dass die Richter die Frage nach dem Informationsinteresse und Informationszweck keineswegs vernachlässigen. Vielmehr legt die Autorin dar, dass die Gerichte die Figur der absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte als eine Art Indiz verwenden, das für ein überwiegendes Informationsinteresse der Allgemeinheit und damit für die Zulässigkeit der Veröffentlichung spricht. Sie erweist sich somit als eine zweckmäßige Methode, die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG in der täglichen Praxis sinnvoll anzuwenden, ohne dabei das Persönlichkeitsrecht des jeweils Betroffenen über Gebühr zu beanspruchen und beschneiden.
Ein anschließender Rechtsvergleich mit dem US-amerikanischen Recht ist deshalb interessant, weil die Kenntnis ausländischer Rechtsgrundlagen gerade im Bereich des Presserechts verstärkt notwendig erscheint: Die Internationalisierung und Globalisierung hat auch im Bereich der Massenmedien deutliche Spuren hinterlassen. In der Folge muss das einzelne Medium vermehrt damit rechnen, im Streitfall auch nach fremdem Recht belangt zu werden. Hinsichtlich der Problematik der Veröffentlichung von Bildern von Personen der Zeitgeschichte liegt der Vergleich mit dem US-amerikanischen Recht nahe, gibt es doch kaum ein Land, in dem die Presse derart zügel- und hemmungslos in Wort und Bild über prominente Persönlichkeiten zu berichten pflegt, wie dies in den USA der Fall ist.
Die Arbeit stellt die Unterschiede in der Rechtspraxis von Deutschland und den USA, wo man eine der Person der Zeitgeschichte vergleichbare Rechtsfigur, die sogenannte public figure, kennt, dar. Dabei lässt sich die Verfasserin vom common law leiten. Das heißt, nicht nur das amerikanische Recht, das schon aufgrund seiner Verwurzelung mit dem common law sehr fallorientiert ist, sondern auch das deutsche Recht wird anhand der maßgeblichen Entscheidungen der Gerichte erörtert. In ständiger Rechtsprechung betont das Bundesverfassungsgericht, dass es beim Aufeinanderprallen von Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht regelmäßig auf den Einzelfall und die Berücksichtigung aller die jeweilige Situation prägenden Umstände ankomme. Insofern wird § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG keiner rein theoretischen Analyse unterzogen; vielmehr führt die Verfasserin die jeweiligen Leitentscheidungen zu dieser Vorschrift und zur Figur der absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte vor Augen, um dadurch die Ideen und Gedanken nachvollziehen zu können, von denen sich die Rechtsprechung leiten lässt.
Schlagworte
BildnisschutzKUGKunsturhebergesetzÖffentliches InformationsinteressePersönlichkeitsrechtPerson der ZeitgeschichtePressefreiheitRecht am eigenen BildRechtswissenschaftIhr Werk im Verlag Dr. Kovač
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