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Metalogische Aspekte der Nominalen Logik

BOETHIANA – Forschungsergebnisse zur Philosophie, Band 210

Hamburg , 182 Seiten

ISBN 978-3-339-14474-4 (Print)

ISBN 978-3-339-14475-1 (eBook)

Zum Inhalt

Was ist und was will die Nominale Logik?

Die formale Logik hat sich in den ersten zwei Dritteln ... [des 20.] Jahrhunderts zunehmend zu einer Spezialdisziplin der Mathematik entwickelt, die sich von der Philosophie immer weiter entfernt hat. Das ist nicht nur deswegen bedauerlich, weil die Logik interessante philosophische Probleme enthält, sondern auch im Hinblick darauf, dass die Logik dadurch eines ihrer wichtigsten Ziele zunehmend aus dem Auge verloren hat: die Analyse der natürlichen Sprache.

F. von Kutschera

(1) Die formale Logik, von der von Kutschera redet, hat sich keineswegs zu einer Spezialdisziplin der Mathematik entwickelt: sie war es von Anfang an. Die mathematische Logik wurde von ihren Gründervätern (Frege, Peano, Russell) als formales Instrument zur Grundlegung der Mathematik entworfen. Die Analyse der natürlichen Sprache war niemals Ziel oder auch nur Nebenabsicht bei ihrer Entwicklung.

Erst die Logiker der zweiten Generation (Carnap, Reichenbach, Gödel, u.a.) dehnten den Anwendungsbereich der neuen Logik aus. Sie erklärten die mathematische Logik zur Formalsprache aller Wissenschaften. Und von da war es nur ein kleiner Schritt, sie zur Logik schlechthin zu erklären: zur einzig möglichen und richtigen Gestalt, in der die Logik auftreten kann. Die Tatsache, dass die mathematische Logik eine Speziallogik ist, geriet zunehmend in Vergessenheit, sodass heute weithin die Ansicht besteht: Logik = mathematische Logik.

(2) Bedenkt man die spezielle Zwecksetzung der mathematischen Logik, dann ist es nicht verwunderlich, dass sie bei der Analyse der natürlichen Sprache wenig leistet: aber nicht – wie man früher behauptete – wegen der logischen Unzulänglichkeit der natürlichen Sprache, sondern weil das mathematisch-logische Instrumentarium dafür nicht geeignet ist.

(3) Ganz anders die Nominale Logik: sie wurde von Anfang an als Logik der natürlichen Sprache entwickelt, ohne auf die mathematische Logik Bezug zu nehmen. Sie ist von jener völlig unabhängig und hat ganz andere Grundlagen. Ihr Ausgangspunkt ist die These, dass die Logik aus der natürlichen Sprache heraus erwächst bzw. dass die Grundlagen der Logik in der Sprache selber liegen. Näherhin ist diese Grundlage – so der Kern der These – eine der Sprache innewohnende Ordnung der Namen, die den Gebrauch der Namen festlegt. Die Logik ist damit ein Teil der Sprachtheorie (nicht der Mathematik). Ihr Untersuchungsgegenstand ist der Gebrauch der Namen, soweit er durch sprachimmanente Ordnungsstrukturen festgelegt wird.

Im Unterschied zu früheren Projekten der Logik der natürlichen Sprache ist die Nominale Logik großteils realisiert. Fast alle Teilbereiche der Logik sind bereits in Nominallogischer Form ausgearbeitet: Junktorenlogik, Skalare Logik, Numerische Logik, Normenlogik, Portionale Logik, etc. In allen diesen Bereichen lässt sich die obige These erfolgreich anwenden und lassen sich die logischen Formen, die in unserer Rede auftreten, auf sprachimmanente Ordnungsstrukturen zurückführen. Damit ist erwiesen, dass die These richtig ist und dass die Logik der natürlichen Sprache eine andere ist als die der Mathematik.

Die folgende Tabelle zeigt das Programm der Teilbände, in denen die Einzelbereiche der Nominalen Logik behandelt werden. Es umfasst 15 Bände, von denen nunmehr 12 erschienen sind:

Das Programm der Teilbände, in denen die Einzelbereiche der Nominalen Logik behandelt werden
Nr.Titel des TeilbandsJahr
1Grundlegung der Nominalen Logik2017
2Abriss der Nominalen Logik2017
3Die sprachlichen Grundlagen der Logik (I): Theorie der Namen2023
4Die sprachlichen Grundlagen der Logik (II): Kategorien, u.a.
5Theorie des logischen Schließens2020
6Nominale Junktorentheorie und Junktorenlogik2021
7Nominale Theorie der Skala und Skalare Logik2022
8Nominale Theorie der Zahlnamen und Numerische Logik2024
9Nominale Modallogik2023
10Nominale Normenlogik2021
11Nominale Logik der Werturteile2023
12Nominale Logik der Zeit2022
13Nominale Logik des Raums
14Metalogische Aspekte der Nominalen Logik2025
15Nachträge und Ergänzungen zur Nominalen Logik

(4) Der vorliegende Teilband (Nr. 14) enthält eine lose Zusammenstellung von Themen, die teils über (‚meta‘) die Logik gehen, teils bereichsübergreifende Klärungen betreffen. Es sind durchwegs „kleinere“ Themen, deren Ausführung keinen ganzen Teilband ergibt. Aus diesem Grund wurden sie trotz ihrer Heterogenität hier zusammengefasst. Da sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgearbeitet wurden, sind sie schlecht aufeinander abgestimmt – was dazu führt, dass diesem Teilband die innere Einheitlichkeit der anderen Teilbände fehlt.

Den Anhang zu diesem Teilband bildet eine kompakte Zusammenstellung der Kerngedanken der Nominalen Logik. Die Sätze dieser Zusammenstellung sind gleich systematisiert wie die Sätze des Tractatus Logico-Philosophicus von Wittgenstein, sodass zwischen den beiden Texten eine formale Ähnlichkeit besteht. Diese Ähnlichkeit gab den Ausschlag, den Text auch ähnlich zu benennen bzw. zu betiteln: als Tractatus Logico-Linguisticus. Dieser Name ist auch insofern berechtigt und treffend, als der Text die Grundlegung der Logik auf rein sprachlicher Basis beschreibt.

(5) Mit dem Erscheinen aller 15 Teilbände ist das Projekt der Nominalen Logik keineswegs abgeschlossen. Im Gegenteil: es bleibt noch vieles zu erarbeiten, zu verbessern oder zu modifizieren. Das hängt zusammen mit der Eigenart der Nominalen Logik als einer empirischen Theorie.

Das zuletzt Gesagte mag verwirrend klingen: gilt doch die Logik als apriorische Disziplin, die den empirischen Wissenschaften vorausgeht. Wie kann sie da selber eine empirische Disziplin sein?

Die Nominale Logik ist empirisch in dem Sinn, dass sie die empirische – i.e. die faktisch gesprochene und geschriebene – Sprache zum Untersuchungsgegenstand hat. An Proben dieser Sprache (Texten) untersucht sie, welche Ordnungsstrukturen darin implementiert sind und wie diese den Gebrauch der Namen regeln. Die Beschreibung der Ordnungsstrukturen und Gebrauchsregeln erfolgt in Form von Theorien, die, wie alle empirischen Theorien, kritisierbar und modifizierbar sind. Auch für logische Theorien gilt: ihre Güte wird danach beurteilt, wie treffend, wie präzise und wie umfassend sie den logisch richtigen Gebrauch der Sprache beschreiben und erklären können. In dieser Hinsicht sind Korrekturen, Modifikationen und Ergänzungen der Nominalen Logik immer möglich.

(6) Leider hat die Nominale Logik in Fachkreisen bisher keine Aufnahme, geschweige Rezeption, sondern nur Ablehnung erfahren.

Was mögen die Gründe für die Ablehnung sein? In erster Linie – so glaube ich – mangelndes Interesse. Die Begeisterung für die Logik, die im mittleren Drittel des 20. Jahrhunderts herrschte (durch das Aufkommen der mathematischen Logik), ist heute völlig abgeklungen. Damals erweckte die neue Logik hohe Erwartungen für den Fortschritt der Philosophie und der Sprachwissenschaften und regte neuartige Untersuchungen an. Aber die Erwartungen wurden großteils enttäuscht und im Gegenzug wurden Grenzen und beschränkte Leistungsfähigkeit der neuen Logik zunehmend offenbar. Heute wird die Logik zwar allgemein geachtet, aber die Beschäftigung mit ihr und ihren Grundlagen wird den – dafür spezialisierten – Experten überlassen. Die Experten sind typischerweise Mathematiker. Die Philosophen und Sprachwissenschaftler begnügen sich mit der Replikation von logischem Lehrbuchwissen.

Zum Zweiten – und das scheint mir kein geringer Punkt zu sein – besteht bei vielen Philosophen und Logikern die Ansicht, dass die mathematische Logik die wahre und einzig legitime Gestalt der Logik darstelle. Diese Ansicht geht einher mit einer Geringschätzung anderer Logiken, z.B. der scholastischen (die als überholt gilt), und mit abfälligem Gehabe gegenüber Versuchen, eine – zur mathematischen – alternative Logik auszuarbeiten.

Als Beispiel dieser Haltung sei die norwegische Logikerin E. Barth zitiert, die den Versuchen und Forderungen der Linguisten, eine Logik der natürlichen Sprache zu entwickeln, folgende Abfuhr erteilt:

It tells us something about the lack of intellectual impact of the discipline called „history of logic“ that it has not been able to prevent a number of contemporary linguists (Lakoff, McCawley) from postulating the existence of a What, called „Natural Logic“, which is presumably embedded in another What, called „Natural Language“, from which, if all goes well, Natural Logic will in due time be extracted by the efforts of linguists.

Frau Barth glaubt offenbar, die Geschichte der Logik sei mit der mathematischen Logik zum Abschluss gekommen, weshalb Versuche, die Logik neu bzw. anders auszubilden, von vornherein als lächerlich abqualifiziert werden können. Mit dieser Ansicht steht sie vermutlich nicht allein.

Gegen solche – und auch andere – Barrieren hat die Nominale Logik anzukämpfen. Aber die Tatsache, dass es die Nominale Logik gibt, widerlegt das Vorurteil der Frau Barth: dass eine Logik der natürlichen Sprache ein aussichtsloses Projekt wäre. Und damit gerät auch das nächste Vorurteil ins Wanken: dass die mathematische Logik das Maß aller Dinge in der Logik wäre.

Es ist zu hoffen, dass mit der Überwindung dieser (und weiterer) Vorurteile das Interesse der Philosophen und Sprachwissenschaftler an der Logik wieder steigt und dass die Logik aus dem Elfenbeinturm, worin sie derzeit (als mathematische Logik) abgestellt ist, wieder zurückkehrt in die lebendige Fachdiskusssion: nicht nur deshalb, weil sie „interessante philosophische Probleme enthält“ (von Kutschera), sondern weil sie effektiv dazu beitragen kann, diese Probleme zu lösen: als ein Instrument zur Präzisierung der Sprache, die wir im Alltag und in den Wissenschaften gebrauchen.

Ihr Werk im Verlag Dr. Kovač

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