Marcel HermesDas Spannungsverhältnis der Related Party Transaction-Regelungen zum Recht des faktischen Aktienkonzerns
– Eine Untersuchung zur Anwendbarkeit und zu den Rechtsfolgen der §§ 107 Abs. 3 Sätze 4 bis 6, 111a bis 111c AktG im faktischen Aktienkonzern, den Auswirkungen auf die §§ 311 ff. AktG und dem durch das RPT-Regime veränderten Corporate Governance-Rahmen –
Schriften zum Handels- und Gesellschaftsrecht, Band 277
Hamburg 2025, 218 Seiten
ISBN 978-3-339-14370-9 (Print)
ISBN 978-3-339-14371-6 (eBook)
Zum Inhalt
Was passiert, wenn europarechtliche Vorgaben auf das bewährte deutsche Konzernrecht treffen?
Die Einführung eines eigenständigen Regelungssystems für „Related Party Transactions“ (§§ 107 Abs. 3, 111a–111c AktG) im Zuge des ARUG II wirft neue Fragen auf – insbesondere im Hinblick auf das bestehende Recht des faktischen Aktienkonzerns. Marcel Hermes untersucht die Schnittstellen, Reibungspunkte und möglichen Konflikte der beiden Regelungsregime und zeigt, wie sich ein konsistenter Rahmen für den Schutz außenstehender Aktionäre entwickeln lässt.
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II), das am 1. Januar 2020 in Kraft trat, wurde erstmals ein spezifisches Regelungssystem für sogenannte „Related Party Transactions“ (RPT) in das deutsche Aktienrecht aufgenommen. Die Neuregelung betrifft börsennotierte Gesellschaften und zielt auf den Schutz von Aktionärsminderheiten vor potenziell schädlichen Geschäften mit nahestehenden Personen und Unternehmen. Im Zentrum stehen dabei die §§ 107 Abs. 3 Sätze 4–6, 111a bis 111c AktG, die unter anderem eine Legaldefinition von RPT, Zustimmungserfordernisse durch den Aufsichtsrat sowie Veröffentlichungspflichten vorsehen.
Vor dieser Reform existierte in Deutschland kein in sich geschlossenes RPT-Regime. Gleichwohl waren solche Geschäfte nicht ungeregelt: Diverse aktien- und bilanzrechtliche Bestimmungen – etwa §§ 112, 57 AktG oder § 285 Nr. 21 HGB – sorgten bislang für punktuelle Kontrolle und Transparenz. Eine besondere Rolle spielten dabei die Regelungen zum Vertrags- und faktischen Konzern (§§ 291 ff., 311 ff. AktG), die vor allem den Schutz außenstehender Aktionäre im Konzernverbund im Blick haben.
Diese Untersuchung analysiert das Spannungsverhältnis zwischen dem neuen RPT-Regime und dem bestehenden Recht des faktischen Aktienkonzerns. Im Fokus steht die Frage, ob und wie sich beide Regelungssysteme überschneiden – insbesondere im Hinblick auf § 311 Abs. 3 AktG, der festhält, dass die RPT-Vorschriften auch im Konzernverhältnis gelten sollen. Daraus ergibt sich ein potenzielles Konfliktfeld zweier nebeneinanderstehender Schutzmechanismen.
Der Autor prüft, inwieweit es dem Gesetzgeber gelungen ist, den Anforderungen der EU-Richtlinie (ARRL) durch eine möglichst zurückhaltende und systemkonforme Umsetzung gerecht zu werden, ohne bestehende Regelungen wie das Konzernrecht zu verdrängen oder Doppelregulierungen zu schaffen. Ziel ist es, mögliche Friktionen zwischen den Kodifikationen zu identifizieren und Ansätze für ein kohärentes Gesamtkonzept des Aktionärsschutzes zu entwickeln.