Forschungsarbeit: Strafurteilsgründe in China und Deutschland

Strafurteilsgründe in China und Deutschland

Zugleich ein Beitrag zu rechtskulturellen Hindernissen des chinesisch-deutschen Strafrechtstransfers

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Schriften zum ausländischen Recht, Band 26

Hamburg , 256 Seiten

ISBN 978-3-8300-9471-5 (Print) |ISBN 978-3-339-09471-1 (eBook)

Zum Inhalt

Die strafrechtliche Bewertung eines vergleichbaren Verhaltens in verschiedenen Ländern kann sehr unterschiedlich sein. Zur Erklärung der Unterschiede bei den strafrechtlichen Bewertungen und deren Sanktionshöhen in China und Deutschland gibt es mehrere Gesichtspunkte.

Beispielsweise kann man sich mit den einschlägigen Tatbestandsmerkmalen der Strafnormen in der jeweiligen Rechtsordnung auseinandersetzen, um zu verstehen, warum die vergleichbaren Handlungen überhaupt als unterschiedliche Straftaten in diesen beiden Rechtsordnungen angesehen werden. Der wesentlich unterschiedliche gesetzliche Strafrahmen lässt sich auch durch den unterschiedlichen Zweck der Bestrafung in der jeweiligen Rechtsordnung erklären, nämlich, dass eine Rechtsordnung im Vergleich mit einer anderen mit der strafrechtlichen Drohung überwiegend generalpräventive Gründe verfolgt und daher deren Strafandrohung im allgemeinen auch härter ist.

Die beiden hier dargestellten Gesichtspunkte werden zwar in dieser Studie berücksichtigt, allerdings geht die Verfasserin in erster Linie von ihrem eigenen Gesichtspunkt aus, d.h. mit Hilfe der Urteilsgründe in den Straffällen den Unterschied der strafrechtlichen Bewertung in der chinesischen und deutschen Rechtsordnung zu erklären. Dieser Gesichtspunkt wurde aus der folgenden Überlegung ausgewählt:

Wenn versucht wird, die Unterschiede der unterschiedlichen strafrechtlichen Bewertungen in verschiedenen Ländern zu erklären, gibt es zwei mögliche Vorgehensweisen. Auf dem ersten Weg steht das Strafgesetzbuch der jeweiligen Rechtsordnung im Mittelpunkt. Die Hauptfrage lautet hier: Warum und welche Straftatbestände werden in den jeweiligen Ländern anderes geregelt? Zur Beantwortung dieser Frage muss man sich mit den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen der einzelnen Straftaten in den zu vergleichenden Rechtsordnungen auseinandersetzen.

Anders als beim ersten stehen beim zweiten Weg nicht die einschlägigen nationalen Strafnormen, sondern deren praktische Anwendung durch den Richter im Vordergrund. Dabei fokussiert man, wie die Richter im jeweiligen Land die vergleichbare Handlung für straflos oder strafbar feststellen. Gegenüber dem ersten Weg hat dieser Weg den Vorteil, dass durch die Unterschiede der strafrechtlichen Bewertung in den verschiedenen Ländern nicht mehr nur die rein theoretischen Gesetzesunterschiede, sondern die lebendige Rechtsanwendung in der Praxis betrachtet wird. Wenn die Strafnorm in der Praxis nicht angewendet wird, handelt es sich nur um "tote Buchstaben". Wenn man diesen Gedanken weiterverfolgt, dann kommen auch die Strafurteile in Betracht. Da die Strafurteile selbst erklären, wie das Gericht die abstrakten Rechtsnormen im Einzelfall anwendet und die Handlung als strafbar oder nicht strafbar feststellt. Bei den Strafurteilen als Untersuchungsausgang handelt es sich um einen "internen" Blickwinkel.

Mit dieser Überlegung werden die Strafurteile bezüglich der oben erwähnten zwei Verhaltensweisen - dem unberechtigten Entnehmen von Geld aus Bankautomaten und der Gefährdung des Straßenverkehrs - aus der chinesischen und deutschen Strafrechtspraxis in der nachfolgenden Untersuchung dargestellt und analysiert. Aber bevor wir uns mit den Strafurteilen in diesen beiden Ländern beschäftigen, werden zunächst zum besseren Verständnis der Strafurteile in den jeweiligen Ländern, die Inhalte und Funktionen der Strafurteilsgründe in China und Deutschland erläutert.

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