Doktorarbeit: Inländerdiskriminierung bei Familiennachzug und Ausweisung

Inländerdiskriminierung bei Familiennachzug und Ausweisung

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Verfassungsrecht in Forschung und Praxis, Band 121

Hamburg , 244 Seiten

ISBN 978-3-8300-8557-7 (Print) |ISBN 978-3-339-08557-3 (eBook)

Rezension

[...] Abschließend kann [...] diese Untersuchung aufgrund ihrer anschaulichen Darstellung und Praxisrelevanz nicht nur der akademischen Welt, sondern auch Anwälten oder "interessierten Rechtsanwendern" empfohlen werden.

Anne Walter in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik, ZAR 11-12/2016


Zum Inhalt

Mit Inländerdiskriminierung bezeichnet man im Ausländerrecht den Sachverhalt, dass Inländer bei Fragen des Familiennachzugs (Einwanderung) und der Familientrennung (etwa bei Ausweisung eines Familienmitglieds aus dem Bundesgebiet) diskriminiert werden.

Dies geschieht, indem Inländer schlechter behandelt werden als Unionsbürger, die in Deutschland leben. Auch umfasst der Begriff „Inländerdiskriminierung“ entgegen dem Wortsinn die Ungleichbehandlung von gewanderten und nicht gewanderten Deutschen. In beiden Fällen entsteht die Divergenz der Rechtslagen dadurch, dass für Unionsbürger und auch gewanderte Deutsche das mit Privilegien versehene FreizügG/EU Anwendung findet, für „daheimgebliebene“ Deutsche hingegen das AufenthG.

Grundsätzlich werden nach § 1 FreizügG/EU zwar keine Deutschen vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst, sondern lediglich Staatsangehörige „anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union“. Dieser Umstand ist jedoch ausstehenden Umsetzungspflichten der Bundesrepublik geschuldet, denn es ist EuGH-Rechtsprechung, dass die einmal gewonnen Unionsrechte bei der Rückkehr in den eigenen Mitgliedstaat fortdauern. Das Bundesverwaltungsgericht will in Fällen, in denen ein deutscher Unionsbürger im EU-Ausland mit seinem Drittstaater-Ehegatten eine Zeit lang lebte und dann nach Deutschland zurückkehrt, das FreizügG/EU analog anwenden.

Ferner kann Inländerdiskriminierung auch auftreten durch SchlechtersteIlung von Deutschen gegenüber hier lebenden, nach § 41 Abs.1 und Abs. 2 AufenthV privilegierten Drittstaatern (bspw. Bürgern von Neuseeland, den USA, Australien, Japan, Monaco, Honduras, Andorra, San Marino, Kanada, Israel, der Republik Korea).
Zum Stichwort „Inländerdiskriminierung Familiennachzug“ weist die Internet-Suchmaschine Google 2.410 Einträge aus. Fragt man dort alleine nach dem Begriff der „Inländerdiskriminierung“, so werden 25.500 Ergebnisse angezeigt. Gleich anfangs wird beispielsweise auf eine Verfassungsbeschwerde deutscher Druckkessel-Hersteller verwiesen, die sich durch deutsche Rechtsvorschriften beim Kesselbau gegenüber günstigeren gemeinschaftsrechtlichen Regeln für ihre EU-Konkurrenten benachteiligt sehen.

Schon dieses kleine anekdotische Beispiel zeigt, dass Inländerdiskriminierung mehrheitlich nicht in Zusammenhang gebracht wird mit dem Aufenthaltsrecht oder Familiennachzug im Aufenthaltsrecht. Die praktische Relevanz dieser Fälle - i.e. Fälle von Inländerdiskriminierung im Aufenthaltsrecht - wird häufig unterschätzt. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass ein betroffener Deutscher (und häufig auch sein rechtlicher Interessenvertreter) unter Umständen gar nicht weiß, dass die Vorenthaltung unionsrechtlicher Privilegien beim Familiennachzug bereits eine Inländerdiskriminierung darstellt. Zum anderen wird das Phänomen der Inländerdiskriminierung gerne als ein ausgereiztes, nur noch in der Literatur umstrittenes Thema dargestellt, das spätestens seit dem BVerfG-Urteil zum Meisterzwang6 seine praktische Relevanz verloren hat.

Das Gegenteil trifft jedoch zu. Wie diese Studie zeigt, hat sich der europäische Staatenverbund weg von einem wirtschaftlich motivierten völkerrechtlichen Vertrag hin zu einer supranationalen Wertegemeinschaft entwickelt.

Migration, Integration, Freizügigkeit spielen in diesem neuen Kontext eine tragende Rolle. Vorsätzlich oder fahrlässig verursachte politische Fehlentwicklungen wie das Phänomen der Inländerdiskriminierung führen zu Schieflagen, die nicht nur tragische Familienschicksale, sondern auch ökonomische Nachteile wie z.B. den häufig zitierten Fachkräftemangel mit sich bringen können.

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