Forschungsarbeit: Exklusive Demokratie Peru

Exklusive Demokratie Peru

Wie weite Bevölkerungsteile in der Praxis vom Wahlrecht ausgeschlossen werden

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Regensburger Studien zur Internationalen Politik, Band 12

Hamburg , 206 Seiten

ISBN 978-3-8300-5462-7 (Print) |ISBN 978-3-339-05462-3 (eBook)

Rezension

Ausgehend vom Konzept der „embedded democracy“ und dem der defekten Demokratie entwickelt Erhard ein Indikatorensystem, mit dem Exklusionseffekte einer Demokratie in der Praxis aufgespürt werden können und das sich besonders gut auf die lateinamerikanischen Länder anwenden lässt.



Zum Inhalt

Die Ausbreitung der Demokratie war in Lateinamerika die große Errungenschaft der letzten Jahrzehnte. Den Bürgern der lateinamerikanischen Staaten bescherte sie umfangreiche politische, zivile und soziale Rechte. Das gilt auch für Peru. Der Andenstaat hat sich mit anhaltend hohen Wachstumsraten und konstanter Regierungspolitik in den letzten zehn Jahren sogar zum Musterkind der Region gewandelt. Doch bei diesem demokratischen und wirtschaftlichen Aufbruch des Landes wurden bei weitem nicht alle Bürgerinnen und Bürger mitgenommen. Peru ist geradezu ein Paradebeispiel dafür, dass die Qualität einer Demokratie nicht anhand formaler Vorgaben beurteilt werden kann. Vielmehr muss das Funktionieren in der Praxis genau untersucht werden. Faktisch werden große Teile der Bevölkerung von den auf dem Papier bestehenden politischen, zivilen und sozialen Rechten ausgeschlossen. Peru ist also eine exklusive Demokratie.

In seinem innovativen Werk, das sich durch eine profunde Kenntnis der Verhältnisse in Peru auszeichnet, legt Simon Erhard den Schwerpunkt auf den Ausschluss vom aktiven und passiven Wahlrecht in der Praxis. Dem Gesetz nach sollten in Peru alle Volljährigen automatisch für Wahlen registriert sein. Doch etliche potenzielle Wähler tauchen nicht im Wahlverzeichnis auf. Außerdem herrscht Wahlpflicht, und das Nichtwählen zieht erhebliche Strafen und Einschränkungen nach sich. Dennoch gingen bei den letzten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen eine beachtliche Zahl der Bürger nicht zur Wahl. Ein weiterer auffälliger Faktor ist der beträchtliche Anteil der falsch ausgefüllten Stimmzettel bei Wahlen. Der Autor beweist dabei auf überzeugende Weise, dass der Großteil der potenziellen Wahlberechtigten nicht freiwillig auf Registrierung, Wahlteilnahme und eine gültige Stimmabgabe verzichtete. Auch das passive Wahlrecht ist in Peru in der Praxis nur eingeschränkt gültig. In den politischen Parteien im Land ist parteiinterne Demokratie oft nicht einmal in Ansätzen vorhanden. Etliche Bevölkerungsgruppen sind fast überhaupt nicht politisch repräsentiert.

Erhard untermauert seine Analyse mit einem eingängigen Indikatoren-System, mit dem Exklusionseffekte einer Demokratie in der Praxis aufgespürt werden können. Dies ergänzt er durch umfangreiche statistische Berechnungen. Dabei zeigt sich, dass die in anderen Bereichen schon benachteiligten Bürger in der Praxis oft auch noch vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Besonders betroffen sind dabei z.B. die Armen, die Analphabeten, die indigene und die ländliche Bevölkerung. Es wird deutlich, dass die faktische Exklusion der ohnehin historisch benachteiligten Bevölkerungsteile von den traditionellen, weißen, hauptstädtischen Eliten unterschwellig in Kauf genommen wird.

Dabei berücksichtigt Erhard auch die möglichen Konsequenzen dieser Exklusion. Den Bürgern, welche keinen Zugang zum formellen System bekommen, bleiben nur außerkonstitutionelle Maßnahmen um sich Gehör zu verschaffen. In der Tat häufen sich in den letzten Jahren in Peru die sozialen Konflikte, besonders in Form von lokalen Protest- und Blockadeaktionen. Die Zufriedenheit mit der Demokratie ist so gering wie in keinem anderen Land Lateinamerikas. Die hieraus gewonnene Kenntnis ist auch für viele andere Länder anwendbar: Um die Stabilität der Demokratie nicht zu gefährden, reichen Wirtschaftswachstum und Rechte, die nur auf dem Papier gelten längst nicht. Vielmehr müssen die verschiedenen Bevölkerungsgruppen real und konstruktiv eingebunden werden. Dies am Beispiel Perus überzeugend nachgewiesen zu haben, ist das größte Verdienst des Autors.

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